Okay, weiter geht’s
Meine Wahrnehmung von Burning unterschied sich vermutlich durch die Lektüre der Kurzgeschichte den Abend zuvor von denjenigen, die davon gänzlich unbeeinflusst waren, doch angesichts der Tatsache das der Rahmen größten Teils 1:1 übernommen wurde, sogar die Dialoge, sind dies wohl eher Verfärbungen. Zur Erinnerung: Nach der Lektüre aber vor dem Film hatte ich Diese Gedanken hier geäußert, wobei ich besonders die FIGHT CLUB Variante spannend finde. Nach Sichtung des Films sogar in verschiedener Auslegung. Die Short Story weist in einem Satz auf diese Möglichkeit hin. Die Szene ist genau wie im Film, wo sie den Joint rauchen und Ben (der Reiche) Jong-su erzählt, das er Scheunen abbrennt. Im Buch gibt es da den Satz wo er ( Jong-su) später denkt:
" Manchmal dachte ich, das er mich dazu bringen wollte, die Scheunen selbst abzubrennen.Er hatte mir die Idee vom Scheunenabbrennen in den Kopf gesetzt, und jetzt blies sie sich auf, als ob (…) Ab und zu überlegte ich wirklich ob es nicht schneller sei, selbst mit einem Streichholz die Scheunen anzuzünden (…) Aber das ginge wohl zu weit"
Letzteres Detail wurde ja im Film auch gefilmt als er bei seiner Visite möglicher Scheunen das Stück Plane einer Scheune in Brand setzt…
VERGESSEN-ERINNERUNG-PROJEKTION. Das sind aus meiner Sicht des Films die zentralen Grundbausteine des Films, so wie ich ihn wahrgenommen habe und sicher auch wie ich ihn vor dem Hintergrund der Kurzgeschichte gerne sehen möchte
Jung-su als Hauptfigur erinnert sich bzw. versucht es. Seine Methode ist das Schreiben und als Schriftsteller ist es seine Herausforderung Vorstellungen und Träume zu ordnen, vergessenes, verdrängte Erinnerungen, traumatische Erlebnisse in die Gegenwart zu holen und wahres von Projektionen zu unterscheiden. Da wir als Zuschauer nicht klar ins Bild gesetzt werden wann wir was sehen, rätseln wir.
So kann man es z.B. so sehen, das das Mädchen Haemi in seiner Kindheit bei einem Unfall ums Leben gekommen ist, den er verursacht hat oder für den er sich zumindest verantwortlich fühlt. Das Mädchen gab es wirklich, seine Jugendfreundin, erste Liebe oder so. Doch die heutige Haemi ist entweder nicht existent oder quasi Platzhalter für seine Erinnerung an sie. Er versucht seine Schuld aufzuarbeiten und es scheint möglich, das sie durch einen (von ihm verursachten?) Scheunenbrand ums Leben kam. Es gibt da dieses Bild im Film wo wir einen kleinen Jungen vor einer brennenden Scheune sehen. Obwohl zugegeben nicht eindeutig war, das er es ist. Betrachtet man die Bilder des Films vor dem Hintergrund des Wechsels von Erinnerung und möglicher Projektionen erscheint mir vieles plausibel: Seine Suche nach den Scheunen, das Bild einer abbrennenden Scheune an das sich das Kind erinnert, das leere Zimmer der Freundin Haemi die plötzlich weg ist, seine Tagträume und Sehnsüchte mit den sexuellem Ventil, das man als Kompensation für unerfüllte Sehnsüchte, einen großen Verlust sowie Schuldgefühle deuten kann.
Nehmen wir jetzt nochmal die Aussage Haemi’s zur Pantomime,
„Dazu braucht man kein Talent. Man darf nur nicht denken, das hier Mandarinen sind , sondern man muss vergessen das hier keine sind.“
so kann dieser Satz von Haemi eine ziemlich krasse Bedeutung erfahren. Jung-so erwidert etwas in der Art, wie das er das nicht versteht, wie sie das macht…Darin kann die simple Analogie, der Spiegel, liegen, das er es, sich selbst, nicht versteht. Er ist im Grunde derjenige, der unwissentlich Pantomime praktiziert, ausgelöst durch ein Trauma. Er hat vergessen, das hier keine ist. Haemi ist seine Mandarine.
Sogar Haemi’s Äußerung Pantomime sei doch ganz einfach kann man hier für das Szenario auslegen, denn Kinder (Jung-su als Kind) suchen sich im Gegensatz zu Erwachsenen häufig die einfachen Wege, in diesem Fall die Vorstellungskraft, zur Bewältigung von Problemen
Er projiziert also, erweckt Dinge zum Leben, holt Verlorenes ins Leben. Ob er das nun als Schriftsteller tut und sich alles nur ausdenkt und wir ihn bei der Arbeit zusehen, oder ob es seine wirkliche Geschichte ist, finde ich bei näherer Betrachtung tatsächlich nicht entscheidend wichtig. Die Schriftsteller Figur fügt dem Ganzen eine Art Meta Rahmen hinzu oder ist einfach nur eine kleine respektvolle Geste für Haruki Murakami ?