Colossal - SPOILER

Mir hat der Film sehr gut gefallen. Ein paar Reviews irritieren mich jedoch. Gloria hat ein Alkoholproblem. Dieses ist ursächlich für die Fehlentscheidungen, die sie und ihr Jugendfreund in der Folge treffen. Der Auslöser für die Monster war jedoch der Blitzschlag in dem Moment vor 25 Jahren, wo sie wütend die Zerstörung ihres Seoul-Modells beobachtet.

Oder habe ich etwas verpasst und Gloria war seitdem dem Alkohol verfallen? Ich habe das Alkoholproblem als Gesellschaftskritik verstanden und nicht als Verursacher, obwohl es Anfangs so schien, als ob es einen direkten Zusammenhang gibt (die Protagonisten schienen das auch zu glauben). Was meint ihr?

Ich denke auch, das das Alkoholproblem halt später kam.

Es geht um Bewußtseins- und Kontrollverlust denke ich. Das Alkoholproblem ist nur eine Sache in der sich das Problem spiegelt und daher so gut, weil es (leider) einen so großen Teil der Gesellschaft betrifft oder bekannt ist. Es ist eine Gesellschaftskritik aber ich habe es nicht so verstanden das es der Auslöser war. Die eigentliche Frage, die sich mir jedoch stellt, ist, ob es nicht egal ist was der Auslöser war. Ich bin mir nämlich nicht sicher ob der Blitzschlag nicht auch nur Metapher für einen Bewusstseins Kurzschluss (Kontrollverlust) bei Gloria war als Reaktion auf den unkontrollierten Wutausbruch von -wie hieß ihr Freund noch?- als er ihr Modell zerstört. Damit wird quasi eine Kette in Gang gesetzt, die später im Alkoholismus nur eine andere Form findet und ebenfalls mit vergessen verbunden ist.

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Wir können hier frei sprechen? Gut.

Ich fand das mit dem Blitzschlag ja total überflüssig. Es macht auch überhaupt keinen Sinn. Der junge Oscar zertrampelt ihr Modell der Stadt Seoul, und dafür zertrampelt sie/das Monster später auch Seoul? Was soll das?
Ich hätte das weggelassen und es dabei belassen, dass der Spielplatz irgendeine Art Tor oder Wurmloch oder was auch immer ist, ohne weitere Erklärung.

Zwischen den Geschehnissen von vor 25 Jahren und dem Alkoholismus sehe ich keine weitere Verbindung. Das Erlebnis dürfte nicht so traumatisch gewesen sein, dass man gleich den Rest seines Lebens an der Flasche hängt. Gloria ist da einfach irgendwie reingerutscht. Großstadtleben, Bohème (sie ist ja Schriftstellerin), vielleicht Unzufriedenheit mit sich und dem bisherigen Leben oder der Beziehung mit Tim (so heißt der Freund)… Vielleicht auch ein unerfüllter Kinderwunsch, das legt der Kinderspielplatz nahe, es wird aber nicht weiter angesprochen.

Es gibt übrigens zahlreiche Studien, dass Frauen ebenso alkoholgefährdet sind wie Männer. Sie sind zahlenmäßig etwas weniger vertreten (etwa ein Drittel der alkoholkranken Männer) und treten nicht so offensiv auf, sondern trinken eher verschämt, aber die Zahlen sind steigend. Insofern ist Gloria, wenn überhaupt, ein Extrembeispiel für eine Frau, deren Problem nicht verborgen bleibt, sondern sich überlebensgroß materialisiert. Aber, wie gesagt, ich glaube nicht so ganz, dass das den Kern der Sache trifft.

Wichtiger ist wohl, dass die characters im nüchternen Zustand von ihrer Verantwortung wissen und ihr Handeln überdenken, sich aber im betrunkenen Zustand der totalen Entgrenzung hingeben.

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Sie hätte eher ein Modell von Pjöngjang bauen sollen.

Ehrlich gesagt, hielt ich das Monster eher für einen Ausdruck ihrer Wut. Ich hab aber nicht allzu viel hinein interpretiert in diesen Film, weil mir die Kehrtwende von lustig auf dramatisch sauer aufgestoßen ist. Und irgendwie auch die Charakterentwicklung von ihrem Schulfreund nicht ganz schlüssig war.

Dabei fällt mir auf, dass wir hier eine ähnliche Konstellation zu einem anderen Film haben.

Frau gut / Mann böse und zusammen ergeben sie ein Ganzes. Ying und Yang, plus minus, sozusagen.

Für mich ist der Alkoholismus auch nicht Auslöser des Monsters gewesen, sondern recht deutlich das Erlebnis aus der Kindheit. Ich habe es so wahrgenommen, dass sich der Blitz durch Glorias immensen Kindheitszorn manifestiert. Das kann man natürlich noch weiter erklären, braucht es für das, was der Film erzählen will, aber nicht. Der diesjährige Radius hatte tatsächlich ein ähnliches Ausgangsszenario für seine Geschehnisse wenn auch unbeeinflusst durch die Figuren. Hier ist auch ein Blitz aus dem Weltall Ursprung der Handlung.

Was Colossal ziemlich genial macht, ist die subversion of tropes aus dem Genre der Liebesfilme bzw. der Rom-Coms. Mit Jason Sudeikis hat man so ziemlich den entwaffnendsten Darsteller für die Rolle des Bösewichts gefunden, so dass der Wandel mich auch stark überrascht hat aber schlüssig ist er durchaus: all das was uns eingangs als romantisch erscheint, wie die geschenkten Möbel und der überkompensierend große Fernseher wird uns mit Humor verkauft: “Ach, Gloria, du warst so betrunken. Erinnerst du dich nicht mehr daran, dass du das alles wolltest?” Was dadurch allerdings passiert ist, dass Gloria in Abhängigkeit zu Oscar gestellt wird und sie sich vermutlich irgendwie zu ihm hingezogen fühlen soll. So zumindest Oscars Plan, der Gloria recht deutlich bereits seit der Kindheit dafür hasst, dass sie in den Dingen besser ist als er. Jetzt, da sie quasi gescheitert zurückkehrt, sieht er seine Chance Rache zu üben und den angestauten Hass auf sie zu entladen.

Was uns in einer Rom-Com als romantisch verkauft wird, ist im wahren Leben oft “gruselig”, so etwa auch Oscars online Stalking von Glorias Leben über all die Jahre ohne wirklich Kontakt zu ihr zu haben.

Für mich ist das Jason Sudeikis’ stärkste Rolle in seiner Vita, weil er genau für sein nice guy Image gecastet wurde und dies dann subtil aber stetig unterläuft. Durch den humorvollen Ton geht man als Zuschauer natürlich anfangs voll mit und wird auf eine Story a là “Frau aus der Stadt findet wahre Liebe in ihrem Heimatdorf” gepolt und nimmt etwa auch die Verharmlosung des Umgangs mit dem Alkoholkonsum hin.

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Fandet Ihr das mit der Wende ab der MItte denn wirklich so schlimm? Gut, da kommen ein paar ernste Dialogszenen und es wird deftig geschlägert, aber ich fand das alles nicht sooo tragisch. (oder ich hab nur die Hälfte verstanden)
In jeder Komödie oder jedem Actionfilm mit humoristischem Unterton (z.B. LETHAL WEAPON) gibt es doch auch mal einen Punkt, wo es erstmal ernst wird, bevor das Happy End naht.
Und ein Happy End gibt es ja, nur nicht für Oscar, daher schrieb ich in meiner Kritik, ich hätte mir eine kleine Post-Credit-:Szene gewünscht, in der er seinen Flug irgendwie überlebt. Er hätte nicht draufgehen müssen, so viel mehr Schuld hat er auch nicht auf sich geladen als die Figur der Gloria. Das hat mich am meisten gestört, dass er nicht nochmal die Chance hatte, sich nochmal zu ändern. Hatte ich schon gehofft, als sich das Monster entschieden hat, ihn nicht einfach plattzutreten, sondern ihn hochgehoben hat. Aber die Autoren hatten eben anderes im Sinn.

Schlimm ist vielleicht das falsche Wort aber unerwartet schockierend und das bei mir eben hauptsächlich aufgrund des Castings. Ich finde schon, dass Oscar mehr Schuld auf sich lädt, um es mit deinen Worten zu sagen. Angestauter Hass über Jahre, wahrscheinlich gepaart mit der immer währenden Hoffnung es ihr heimzahlen zu können plus sein manipulatives, destruktives Verhalten ihr gegenüber von Beginn an. Das wird denke ich bei der Zweitsichtung auch noch deutlicher hervortreten. Er macht auch ziemlich deutlich, dass er niemals aufhören wird, Seoul zu zerstören, sollte Gloria einfach weggehen.

Wenn man will kann man hier Parallelen zum Man of Steel Endkampf ziehen, in dem Superman vor ein vergleichbares Dilemma gestellt wird und auch nur Mord als Ausweg sieht. (Zitat Zod: “There’s only one way this ends, Kal: Either you die, or I do.”). Die Parallelen zu einer gut gegen böse Geschichte wie im Superhelden Genre sind ja auch bei Colossal gegeben.

O.K., die vielleicht durchaus ernstgemeinte Drohung, weiterzumachen mit der Zerstörung, ist natürlich ein gewichtiges Argument. Die Frage ist, ob man ihn nicht doch am Schluss noch zur Einsicht hätte kommen lassen können, dass sich Liebe nicht durch Gewalt und Erpressung erzwingen lässt.

Was die Psychospielchen angeht, da schenken sich die beiden nicht viel.
Immerhin hat sie ihm einen halbwegs gelungenen Start in die neue Existenz zu verdanken, mit einigermaßen menschenwürdigen Wohnstil und neuem Job, noch dazu einem, wo man ihr verzeiht, wenn sie ihre Schicht verpennt und hackedicht durch den Laden wankt.
Dass er das nicht ohne Hintergedanken macht, ist klar, aber das ist ja nun keine Seltenheit, dass Mann mit materiellen Mitteln um die Gunst der Angebeteten wirbt. Wer kann, der kann.

Im Gegenzug macht sie sich vor seinen Augen an seinen besten Kumpel ran, den sie ja auch bloß benutzt, um sich selbst und den anderen zu beweisen, was für eine selbstbewusste, unabhängige Lebefrau sie ist, und ihn lässt sie abblitzen. Und das mitten in seiner beginnenden Midlife Crisis.
Ich versteh das, da kann man schon mal Lust bekommen, eine ganze Millionenstadt zu Klump zu hauen. :smirk:

Hier ist noch eine Meinung zum Film. Den Bezug kann ich allerdings nicht nachvollziehen!?

https://twitter.com/schayanriaz/status/910211506947665921

Danke für diesen Diskussionsfaden, jetzt bin ich etwas schlauer geworden.
Interessant dass wir auf dem FFF jetzt schon gesellschaftliche Diskussionen haben und zwar on topic.

Ich sehe ja Horror- und Sci-fi-Filme auch gerne als Parabeln auf aktuelle gesellschaftliche oder politische Entwicklungen, aber was Gloria und Oscar und ihre Alter Egos mit Trump und Clinton zu tun haben sollen, kapier ich auch nicht so ganz. Gut, ein offener Konflikt zwischen einem Mann und einer Frau, medial als Kolosse wiedergegeben, das war’s dann aber auch an Parallelen. Schon etwas weit hergeholt, oder?

Siehe mein Post eben. Ich finde schon, dass der Fantastische Film einiges leistet, was über pure Unterhaltung hinausgeht. Da wird abstrakten Sachverhalten und Bedrohungen ein (wenn auch märchenhaftes) Gesicht gegeben.
Die ganzen Invasions- und Monsterszenarien hatten ihre erste Blütezeit ja in der Hochphase des Kalten Krieges, so zwischen 1955 und 1965.

Verstehe nicht wie ich den Link lesen soll. Ich finde dort überhaupt keinen zusammenhängenden Text und schon gar kein Wort über Trump.

Der gesamte Text steht schon oben in meinem Beitrag… du musst da gar nicht mehr drauf klicken, außer du möchtest die Quelle überprüfen. :wink:

Das ist alles? Na dann kann ich nur sagen, bisschen zu viel rein interpretiert.

Direkt an Trump musste ich auch nicht denken, allerdings schon an die “wütenden Weißen”, aus denen sich ja während seiner Wahlkampagne ein Großteil seiner besonders lautstarken Anhängerschaft speiste. Aber das ist kein politisches Phänomen, sondern gerade im Internet trifft man unter Trollen und Hatern ständig auf diesen Typ von mit sich selbst unzufriedenden Würstchen, die ihren Frust an anderen auslassen und dabei möglichst großmäulig herumpoltern. Und wenn man so jemanden nicht nur im Netz vor sich hat, sondern im echten Leben, ist es natürlich noch schwieriger, damit umzugehen. Das waren zumindest meine ersten Gedanken bei Colossus.

Mir hat der Film sehr gut gefallen. Insbesondere auch, weil Gloria nicht die typische Opfer - oder Heldenrolle eingenommen hat, und ihr “Gegespieler” nicht von Anfang an einfach nur der Böse war. Jeder in diesem Film macht Fehler in seinen Beziehungen und seinem Leben generell, niemand ist perfekt oder durch und durch gut. Aber trotzdem versteht man, dass der eine eine Grenze überschreitet, und deshalb fand ich es auch konsequent, Oscar nicht überleben zu lassen. Und ich fand es sehr passend dargestellt, wie Gloria sich am Ende überwinden musste, ihm entgegen zu treten, obwohl sie sich viel kleiner vorkommt. Das Gefühl kennt ja wahrscheinlich jeder, der schon mal jemandem die Stirn bieten musste, der in einer überlegenen Position war (oder zumindest durch dominantes Verhalten so gewirkt hat). Aber wenn man den Mut aufbringt, kann man merken, dass man stärker ist, als man es sich zutraut, und diese Botschaft fand ich am Ende sehr schön. :slight_smile:

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Jetzt muss ich doch noch mal nachhaken, denn ich habe eben die Reviews von Herr_Kees und TodaysTomorrow gelesen, die beide den Alkohol als zentrales Element sehen. Auf die Idee wäre ich gar nicht gekommen? Wie todi oben schon schrieb: Die Aggressionen waren bei Oscar ja schon als Kind ein Problem. Der Alkohol mag diese zwar jetzt noch verstärken, aber der macht ihn nicht zum Monster (in zweierlei Hinsicht ;)). Hätten sie das zeigen wollen, hätte Gloria das Monster alkoholisiert gesteuert, was nüchtern aber genau so klappt. Für mich ist ganz klar das Hauptthema, wie man mit wütenden, dominanten Menschen umgeht, die ihren Selbsthass an anderen ausleben. Oder das Aufarbeiten von zwischenmenschlichen Problemen, die man lange verdrängt hat. Der Alkohol spielt eher eine Nebenrolle.

Dass man Gloria das Alkoholproblem gegeben hat, erkläre ich mir mit zwei Dingen: Zum einen zeigt es, dass auch sie nicht perfekt ist. Aber im Gegensatz zu Oscar lässt sie ihre Probleme nicht an anderen aus. Zum anderen gibt es ja häufig die Meinung, dass man unter Alkoholeinfluss selber Schuld ist - selbst wenn man nur Opfer ist. Auch in COLOSSAL wird Gloria mehrfach vorgeworfen, dass sie ihr Leben nicht im Griff hat, und deshalb denkt sie sich: Ich habe vielleicht nichts besseres verdient als den Kneipenjob und die schlechte Behandlung.

Deshalb denke ich, dass der Film es gerade NICHT will, dass wir Glorias Alkoholproblem als so zentral für alles (inklusive Monster) ansehen. Denn das ist ja gerade der Fehler, den die Männder in ihrem Umfeld machen. Oder wie seht ihr das?

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