Da stimme ich dir voll und ganz zu.
Sicherlich wiederholt sich diese Diskussion, was ich aber auch nicht schlimm finde - man kann ja jedes Jahr mal nachfragen, wie sich das Ganze entwickelt.
Ich glaube, wir sind uns einig, dass der Horror-Gehalt heuer eher niedrig war. Da ich das Line-Up insgesamt aber als bunt und qualitativ hochwertig empfunden habe, hatte ich daran weniger auszusetzen. Persönlich hab ich zu beiden (vermeintlich) entgegengesetzten Polen Arthouse und Horror großen Bezug, wobei ich Horror immer als mein absolutes Lieblings-Genre bezeichnen würde.
Genau darin liegt aber ein Teil des Hunds begraben. Im Horror-Bereich bin ich sowas von übersättigt und hab nahezu alles schon mal gesehen, dass mein Anspruch sogar (subjektiv etwas unfair) gestiegen ist und ich auf Werke wie SAW 52 oder den hundertersten Aufguss aus dem Conjuring-Universum gern verzichten kann, zumal die mich weder überraschen noch erschrecken können. Und die kleinen Genre-Bastarde voller Trash und Härte mag ich zwar sehr gern, aber vielleicht passen die wirklich mittlerweile besser auf kleinere oder spezialisiertere Festivals.
Übrigens, was die vermeintliche Arthouse-Dominanz betrifft: klare Arthouse-Filme waren heuer auch bestenfalls 2-3 auszumachen. Viele haben aber zumindest Facetten drin, die von Arthouse geprägt sind, und die für mich die Werke aber oft besser machen. Ein Beispiel wäre VERMIN, der einen astreinen Spinnen-Horror mit LA HAINE-Vibes anreichert. Ein umgekehrtes Beispiel wäre TIGER STRIPES, der für mich vom Ansatz her Arthouse-Attitüde hat, aber das Ganze mit einem naiv-unschuldigen klassischen Horror-Narrativ versieht. Also: die Grenzen verschwimmen.
Wenn ich aber sehe, wie viel Horror-Elemente heutzutage in nahezu allen Genres auftauchen, frage ich mich auch etwas ketzerisch, ob die Grenze nicht weniger zwischen Arthouse und Horror zu ziehen ist, sondern mehr zwischen Trash und - dem Rest.
Und das ist tatsächlich das, was ich auch wahrnehme:
Die Anzahl klarer, reiner Trash-Filme ist in den letzten Jahren gesunken.
Ich hab durchaus ein Herz für Trash, bin aber gleichzeitig so sehr Cineast, dass ich mir schwertue, ihn quasi zu fordern, wenn ich dafür auf einen TIGER STRIPES verzichten müsste…
Wortvogel:
Was fehlt? Das, was den Begriff “der phantastische Film” füllt, was ich als seine Definition gelernt habe. Wo sind die Vampire, die Monster, die Aliens? Das Okkulte, das Übernatürliche, ist immer mehr dem Horror der Realität gewichen. Mag der Zeit geschuldet sein, aber wenn der Horrorfilm eben auch Eskapismus sein soll, würde es mich freuen, wenn er sich öfter mal wieder vom Tagesgeschehen weg bewegt und die Fantasie bedient.
Ich hadere auch ein wenig mit dem Mangel dessen, was wir in den 80er als Standards des Horrors zu schätzen gelernt haben. Die Freude am Splatter, an brechenden Knochen, dem kathartischen Blutspritzen
willkommen in 2023. Ich vermisse manchmal auch die dm.
Auch ein Jahr später finde ich, @splattercheffe hat in seinem Ausgangsbeitrag eigentlich ideal zusammengefasst, was man von gelungenen FFF-Filmen erwarten können sollte. Für mich selbst kann ich nur feststellen, dass ich nach über 30 Jahren Genrefilm-Erfahrung von allzu typischen, nur auf simpelste Versatzstücke bzw. Erzählstrategien setzenden „Horror“-Filmen zunehmend angeödet bin. Was bringt es mir, das gleiche Schema noch mal verfolgen zu dürfen, das ich seit den 90ern in- und auswendig kenne?
Bin gerade dabei, mir meinen Timetable für Sitges zusammenzustellen. Es sind knapp 350 Filme im Angebot. Solche, die von vornherein als simpler, archetypischer „Horror“ ohne weitergehende Eigenständigkeit zu erkennen sind, landen so gut wie überhaupt nicht auf meiner Liste. Es gibt einfach so viel Spannenderes zu entdecken…
Zusätzlich zu dem was schon gesagt worden ist: Ich habe egal um was für einen Film es sich handelt immer einen gewissen Qualitätsanspruch (was natürlich total subjektiv ist).
Aber ich will mich in erster Linie kuratieren lassen, mich herausfordern lassen und meinen Horizont erweitern. Man geht auch nicht zu einem DJ im Underground Club und sagt ihm was er spielen soll.
Edit: Aber etwas mehr Horror wäre schon gut, wenn gefühlt mehr Dämonen und Jumpscares in den Trailern sind.
Guckst du auch “Maria“? Den zeig ich auch, grüß Gabriel von mir, er hat noch eine Europa Reise vor sich inkl. Hannover.
Ist zumindest in meiner Vorauswahl, aber für das Puzzlespiel brauche ich noch eine Weile
Ich zeige diesmal auch nur 2 reinrassige Horrorfilme (von 11, immer im letzten Slot), eine Horrorkomödie und bei den Kurzfilmen ist Horror dabei. Maria ist eine Mischform, ansonsten ist das Programm diesmal recht Action und Fantasy lastig, so wie ich mir ein Fantasy Filmfest eigentlich vorstelle.
Auf einen recht brutalen Film hab ich dieses Jahr bewusst verzichtet und stattdessen was exotisches mit reingenommen.
Die zwei Punkte treffen es für mich auch gut auf den Punkt.
Es sollen keine belanglosen Filme sein. Ob das durch eine gewisse Härte, ungewöhnliche Genrekombinationen, seltene Herkunftsländer kommt, neue Ansätze, o.ä. kommt, ist für mich unerheblich.
Dass der erste Punkt erfüllt ist (und das ist er beim FFF) ermöglicht dann den zweiten Punkt. Sich vorher überhaupt nicht informieren und alles schauen, was zeitlich möglich ist. Damit sehe ich dann auch Filme die ich mir sonst nie angeschaut hätte und die Überraschung kann größer sein.
Von der Seite ist das festgelegte Programm vom FFF vorteilhaft, im Gegensatz zu den Stiges Puzzeleien die ich hier lese. Da wäre ich wahrscheinlich wieder geneigt, eher in der eigenen Blase zu bleiben.
Ich gehe nach dieser Reihenfolge beim auswählen:
- Film muss ins Genre passen, was nicht passt, egal wie gut, groß, sonst was, wird aussortiert.
- Film muss anständig und hochwertig produziert sein, keine Amateur, Hobby, Experimental oder Trashfilme, sondern kommerziell vermarktbar (Kino, BD, Stream).
- Film muss mir gefallen also gut sein.
Filme aus exotischen Ländern und wenn die Filmemacher vorbei kommen haben einen geringfügigen Bonus. In seltenen Fällen ist auch die Laufzeit mit entscheidend weil ich die Kinos für einen exakten Zeitraum mieten kann und so viel Film wie möglich unterbringen möchte. Das Medienhaus ist da zum Glück flexibel, die echten DCP Kinos nicht.
Erwartungsgemäß steht das FFF seit so vielen Jahren für außergewöhnliche Filme!
Was darf ich von einem Filmfest wie das FFF erwarten?
Natürlich eine gewisse Möglichkeit, bestimmte Genres zu sehen die insbesondere ihren Platz auf solch einem Film-Festival verdienen!
Ich finde den Namen Fantasy Filmfest sehr passend für die Filme der letzten Jahre - Fantasy bedeutet so viel und ist ja in vieler Hinsicht bei bestimmten Arten des Films zu finden.
Horror ist natürlich ein stetiger Begleiter des FFF und ist wie ich finde immer irgendwie in den einzelnen ausgewählten FFF-Filmen präsent [auch in diesem Jahr]!
Ich denke, es sind nunmal Entscheidungen des Teams was kommt, was nicht und warum? Ja weil es ihr Festival ist und man über die Jahre ein persönlichen Anspruch an diesem Festival entwickelt hat und dies auch bewusst so machen möchte.
Das FFF ist und war auch nie das reine Filmfest für Horror-Splatter, Nein ein Filmfest für fantastische Filme die dunkel, düster, gemein, humorvoll, witzig, blutig, animalisch sind.
Letztens ist die Liebe zum phantastischen Kino weiterhin fester Bestandteil des FFF.
Zu deinem 3. Punkt: Film muss mir gefallen, also gut sein.
Ein Film, der dir gefällt, muss ja nicht zwangsläufig gut sein. Ebenso kann es ja sein, dass dir Filme, die andere gut finden und die auch gut sind, wie JoJo Rabbit (), nicht gefallen. The Moon ist ja auch so ein Beispiel, hochwertig gemacht, dir (und mir) gefiel’s, den meisten jedoch nicht.
Ich denke, Punkt 1 und 3 würden für mich auch passen. Punkt 3 halt ohne „also gut“.
Der Regisseur ist nun übrigens nicht in Sitges anwesend.
Ja komisch, in London soll er sein, danach Trieste und dann Hannover:
Ja, er fliegt erst später nach Europa, er war schon sehr oft in Sitges, Maria wird dort durch einen Schauspieler vertreten.
sehr interessant, das sehe ich auch so!