FAZIT FFF 2024 in Köln
Nach ein paar Tagen „Einwirkzeit“ und einem tollen Städtetrip in Edinburgh (ja, auch mit 4K-BR-Shopping!) gebe ich auch nochmal mehr oder minder kurz meinen Senf zum großen Festivalableger 09/24 in Köln. Meine Rangliste gibt’s ja schon weiter oben, meine Wasserstandsmeldungen der einzelnen Tage im entsprechenden Thread und wie immer Reviews zu allen gelaufenen Filmen auch an den gewohnten Orten.
Zum Kino (Residenz / Astor Film Lounge):
Jedes Jahr dasselbe von mir und eigentlich jedem anderen - das beste, feinste und gemütlichste Kino der Stadt und sicher auch eines der hochwertigsten der gesamten Bundesrepublik. Von der perfekten Projektion bis zu den Luxussitzen, manche mit Beinhocker. Teils ist das gemütlicher als meine Couch daheim. Wer da meckert, hat den Schuss nicht gehört.
Zu den Mitarbeitern des Kinos:
Immer freundlich, geduldig, hilfsbereit, locker. Auch hier geht’s kaum besser. Diesmal teils sogar mit FFF-Shirts
Zum Wetter:
Dieses Jahr ein gesunder Mix, zuerst viel Sonne (was mir mehr liegt zwischen den Filmen und unserer Kinohöhle; auch wegen dem Reviewschreibenbeginnen zwischen den Vorstellungen) und dann gab’s klassischeres Regenfilmguckwetter.
Zu den Rosebudlern vor Ort (+ Allgemeines):
Matthias und seine Helfer sind ein eingespieltes und herzliches Team. Da findet man immer Abschluss, da gibt’s kaum Luft nach oben, selbst wenn manchmal vielleicht etwas Filmwissen bei den Ansagen fehlt. Aber dafür gibt’s ja die Regisseure in ihren meist familiär-sympathischen Grußworten selbst oder gar die neuen Influencer. Schön auch dass Fredi sich kurz hat blicken lassen und dass wir zumindest hier und da Besucher/Regisseure/Involvierte bekommen.
Es gab genug Gewinnspiele, die Trailer waren minimal durchmischter und abwechslungsreicher gefühlt (gehen jedem DKler aber natürlich spätestens am dritten Tag dennoch auf die Nerven), Pausen waren okay (obwohl ich es noch immer nicht verstehe warum nicht eine lange „Vorabendpause“ geschafft wird und der Rest kürzer gehalten wird - aber da wird sich natürlich nicht nur nach uns Allesguckern gerichtet). Ich werde mir sicher auch in den kommenden Jahren schon im Voraus ein paar Titel besorgen (internationale VÖs; andere Festivals; Screener vom Verleih usw.), weil ein paar Lücken zu reißen sehr sinnvoll ist - obwohl natürlich jeder Film im Kino mit unserer „Meute“ im Rücken gewinnt (selbst ein Fast-Kammerspiel wie dieses Jahr „The Wasp“).
Zur Umgebung rund ums Kino:
Immer noch ein herber Schlag, dass das „Salädchen“ direkt nebenan zugemacht hat. Aber es gibt nur ein paar Meter weiter Italiener, Burger, Döner, Chili Con Carne (neu!) und Sushi. Meist sind dafür aber die Pausen zu knapp. Ansonsten sind die „neuen“ Ringe inklusive „Waffen sind ab hier verboten!“-Schildern wie aus einem Verhoeven-Film nicht mehr das, was sie in meiner Jugend vor 15-20 Jahren waren - dennoch fühle ich mich als Kölsche Jung dort noch immer sicher und zuhause.
Zur Stimmung von uns „Feaks“ vor Ort:
Hier gilt Ähnliches wie für Matthias oder den vielen Influencern und Kritikern vor Ort - hier findet jeder (der will) Anschluss und Gesprächspartner. Aber man wird auch meist in Ruhe gelassen wenn man mal wie ich in Ruhe in der Ecke oder auf einer Bank sitzt und wie ein Psycho auf seinem Handy Kritiken eintippt.
Zum „gewohnt letzten Sendeplatz“:
Dazu habe ich ja oft in meinen Tagesberichten halb augenzwinkernd etwas zu geschrieben. Wir hätten es uns in Köln sowas von verdient mal früh dran zu sein. Das sagt auch jeder inkl. Matthias vor Ort. Wir berichten, reviewen, hypen, sind die personifizierte Mundpropaganda. Das Festival blüht in Köln rosig. Aber wenn man es nicht hinkriegt das Residenz jetzt z.B. schon für Anfang September '25 zu buchen oder sich Opern, Blockbuster oder Sondervorführungen vordrängeln lässt - tja, dann wird das nix…
Zum PROGRAMM selbst:
Was konnte das dicke Aufgebot im September? Nachdem die White Nights mir richtig gut gefallen haben und dann die Nights eher enttäuschend (nicht) in Erinnerung blieben…
Der Durchschnitt meiner Wertungen dürfte recht in Ordnung, vielleicht sogar gut sein. Das Bauchgefühl sagt aber, dass es noch der ein oder andere Ausreißer nach oben hätte sein müssen, um einen starken Jahrgang zu zaubern. Z.B. hätte das neueste RKSS-Werk auf deren bisherigem Niveau sein können oder „Else“ bzw. „She Loved Blossoms More“ hätten als Body-Horror-Mandalas bei mir mehr/überhaupt ziehen müssen. Aber man kann halt nicht alles haben - mit „Steppenwolf“, „Kill“ oder auch „Escape From The 21st Century“ gab’s ja schon einige Polarisierer, die bei mir sehr gut eingeschlagen haben.
Der härteste Film im klassischen Goresinne (z.B. a la Fulci) war wohl „The Well“, der härteste vom fiesen, realistischeren Gefühl wohl eher „Sayara“ oder gar „Steppenwolf“.
Der Casey Affleck-Award (meines Mitguckers Uli), des nuschelndsten Filmes, geht deutlich an „Things Will Be Different“.
Der dickste Downer in einem eh schon düsteren Jahrgang war wohl „Handling The Undead“ für mich (weil „Skunk“ sich und seine Hauptfigur am Ende radikal befreit).
Das frustrierendste Erlebnis war „Breathing In“ in fast allen Kategorien. Aber auch „Interstate“ war massiv egal und leer.
Die positivste Überraschung für mich war der hemmungslose und speziell-stylische „Steppenwolf“. Der hatte wohl auch den erinnerungswürdigsten „Helden“. Und wohl auch den lässigsten Score. Den feinsten Score hat für mich „Mermaid Legend“.
Der beste Trailer war „Nosferatu“. Der blödeste Trailer „Butchers - Raghorn“.
Sein massives Potenzial nicht genutzt hat für mich der zu verkopfte „She Loved Blossoms More“.
Den Hype um „Strange Darling“ kann und muss ich nicht verstehen.
Das Actionduell auf sehr hohem Niveau hat für mich „Kill“ für sich entschieden gegen die Kowloonkillerbande.
Richtig grandiose Midnight Madness gab’s leider kaum bis gar nicht.
Der lustigste Beitrag war „Plastic Guns“ (wenn auch im Nachhinein etwas leer).
Der für mich persönlichste Film war der düster-epische „Maldoror“.
Der mittelmäßigste Film war „Blood Star“.
Der süßeste Film war mit Abstand „Humanist Vampire…“.
Tour de Force-Performance gab’s von Demi Moore. Sexiester und zugleich auch abstoßendster Film war „The Substance“.
Erster und zweiter Film hätten bei uns wenn man’s genau nimmt vertauscht werden müssen - selbst wenn das „Speak No Evil“ kein schlechtes Remake ist.
Und der Horror oder zumindest Genreanteil hätte für meinen Geschmack (wie fast immer) klar höher sein können, fast müssen.
Zur Zukunft:
Ich hab weiterhin Bock und das FFF ist noch immer viel mehr Urlaub, Erlebnis, (positiv) gemischte Alptraumtüte in Filmform. Klar gibt’s Verbesserungspotenzial und vielleicht bräuchten die Rosebuds auch mal junges Blut, neue Meinungen, ein offeneres Ohr, ein genreaffineres Programm usw. Dennoch darf das FFF gerne noch weitere 40 Jahre leben und mir erinnerungswürdige Kinotage bescheren. Gerne mehr Retrospektiven und Entdeckungen wie „Mermaid Legend“. Schön dass es in Köln floriert. Toll auch, dass das Forum hier gefühlt lebendig und geschreibig war wie lange nicht!
Ihr hört/lest von mir!