Blind In Texas / Mute in New Mexico
Die angehende Latina-Krankenpflegerin Bobbi ist mit ihrem klapprigen Ford Mustang „on a deserted stretch of a county two-lane“ (Bruce Springsteen) irgendwo im Nirgendwo der Wüste von New Mexico unterwegs, als sie in Konflikt mit dem (es mit Recht und Ordnung selbst nicht so genau nehmenden) county officer, will meinen: sheriff gerät, der sie in ein grausames Spiel um Leben und Tod verwickelt, und ihr fortan nicht mehr von der Heck-Stoßstange weichen will.
Lawrence Jacomellis Regie-Debüt „Blood Star“ wurde, wie uns der Herr Regisseur selbst im Grußwort verriet, in der absurd-unmöglichen Rekordzeit von gerade einmal zehn (!!!) Tagen im kalifornischen Palmdale abgedreht, was eine kaum vorstellbare logistische Meisterleistung darstellt, zumal der Streifen (nicht nur) dafür auch noch fantastisch gut aussieht! Und, um mich mal kurz selbst zu zitieren: In der Zeit hätten andere, größere Produktionen gerade mal ‚ne Kaffeepause am Set geschafft… Von daher: Hut ab, und alleine dafür muss man ihn schon lieben. Aber auch sonst macht der Film in seiner anfangs stringent-geradlinigen Art und seinem schnörkellos-effektiven Stil eigentlich Alles richtig. „Blood Star“ erfindet das Rad nun wirklich nicht neu, und macht auch überhaupt nichts anders oder besser als seine jederzeit klar und deutlich erkennbaren grossen Vorbilder, aber das, was er macht, macht er so dermaßen gut, dass man sich die meiste Zeit über doch gut unterhalten fühlt, und nicht eine Sekunde gelangweilt wird… die Narration ist simpel, aber stetig in Vorwärtsbewegung begriffen, die Bilder prägnant und eindrücklich. Und so sehr uns viele Tableaus und ikonischen Einstellungen auch vertraut sind - sie funktionieren auch in diesem Kontext dennoch ungemein gut (allein schon die verspiegelte Sonnenbrille als Symbol der sich nicht erklären müssenden, anonym unidentifizierbaren Staatsgewalt ist zwar altbekannt, aber in diesem Fall trotzdem höchst produktiv in Szene gesetzt). Auch die Spannungsschraube wird über lange Zeit hinweg langsam, aber stetig angezogen - auch hier kann sich eigentlich niemand beschweren. Dann aber verlässt der Film seinen eingeschlagenen Weg, legt einen neuen Gang ein (nee, das war bestimmt Automatik, oder? Hab‘ gar nicht so drauf geachtet…), und gerät darob leicht ins Schlingern - dann nämlich, wenn Bobbi der ihretwegen gefeuerten Kellnerin Amy einen lift gibt, und die Beiden dabei ihre jeweiligen Lebens- und Familiengeschichten austauschen. Syndey Brumfield liefert hier als eloquent-lebenslustige Amy eine wirklich tolle darstellerische Leistung ab, hat aber leider qua Script nicht mehr zu tun, als als unnötiger info dump device beständig Exposition und nervige back story auszuspucken. Absolut überflüssig und sinnbefreit, und hier möchte man dem Film am Liebsten zurufen: „Lass den albernen Sch**ss doch einfach sein und besinn’ Dich wieder auf das, was Du am Besten kannst!“ Das nimmt dann dummer Weise ziemlich den drive raus, da kann Bobbi noch so sehr aufs Gaspedal drücken. Zum Ende hin zieht es sich dann leider auch noch etwas, und wenn unsere zum zitternd-greinenden nervlichen Wrack gewordene Protagonistin schlussendlich dann in der typical Backwoods / Outback torture chamber angekommen ist und das übliche Arsenal an Folterinstrumenten ausgepackt wird, dann übernimmt sich der Streifen doch arg, und quetscht da noch einen albernen Showdown ran, den kein Mensch wirklich braucht und / oder gewollt hat. Auch die Beweggründe der beiden brüderlichen Pisser jucken doch keine Sau, und können letztlich nur dazu führen, dass sich der Film selbst entzaubert. Zudem empfand ich die Szene mit der Zunge als absolut unnötig, und glaube auch kaum, dass sich dieselbe wieder „annähen“ lässt, und dann wieder anwächst (Edit-To-Add: Die google-Suche sagt: „Doch, das geht!“). Im Endeffekt hat es sich „Blood Star“ auf den letzten 800 Yards also ein wenig selbst verscherzt, und unnötig das Leben schwer gemacht. Dennoch ein schönes kleines, mit viel Herzblut und Spass an der Sache gemachtes B-movie, das man sich gerne angesehen hat, und dem man deshalb letztendlich nicht wirklich böse sein kann.
Es kann eigentlich gar nicht genug gewürdigt werden, das auch so kleine gemeine Bastarde von Genre-Film, wie „Blood Star“ einer ist, noch die Chance bekommen, auf dem FFF auf der grossen Kino-Leinwand gezeigt und einem breiteren Publikum vorgestellt werden zu können. Früher gab’ es gefühlt viel viel mehr von solchen Streifen (ich erinnere nur an so Sachen wie "Retroactive", „Storm Warning“, „13 Eerie“ oder auch den tollen „Killing Words“), und ich vermisse die in letzter Zeit doch zunehmend sehr. Also Rosebud, gebt Euren Herzen einen Ruck und uns Fans wieder ein bisschen mehr davon! Es muss nicht immer nur schwermütiges Drama, sperriger Arthouse und abgedrehter Experimentalfilm sein! Die Mischung machts!