FFF 2024 - Fantasy Filmfest

„You’ve given us so much tonight – but would you give us one more song?”

(Taylor Swift, The Eras Tour, Ansage zu „Karma“)

Das allerletzte Lied des Abends ist dasjenige, wo Alle noch mal richtig aufdrehen, ausgelassen tanzen, aus voller Kehle mitsingen, und feiern, als gäbe es kein Morgen - eben, weil es the last song of the night ist. Und beim FFF 2024 hiess die filmische Entsprechung zu dieser allerletzten Zugabe des Abends „Twilight Of The Warriors: Walled In“ - und wie da noch ein letztes Mal aufgedreht wurde, und im Kino aber sowas von die Post abging…

„In the Walled City, shit stirrers end up dead!“

Was für ein wild wirbelnder, turbulent tosender, furios fulminanter, unablässig vorantreibender, alle Besucher:Innen noch ein letztes Mal begeisternd mitreissender Bildersturm… ein ungestüm polychromatisches, vielgestaltig funkelndes, flirrend-kakophones Kaleidoskop von Farben, Tönen, Musik, Kampfszenen, Treueschwüren, Pathos, Passion, Panoramen, Perspektiven - mehr als in Soi Cheangs immersiv-impressiven, Elan-getränktem männerbündischem martial arts-Charakter-Drama und Aussenseiter-Hymne geht nun wirklich nicht! Tolle Kulissen, perfekt choreographierte Kampf-Szenen, die in rasant geschnittenen Bilderfolgen auf die Netzhaut einprasseln - man darf nicht eine Sekunde lang blinzeln, sonst hat man schon das halbe Duell verpasst. Es gab donnernden Szenen-Applaus, es waren ungläubig staunende "Ah"s und "Oh"s zu hören, es wurde gelacht, gejohlt, geklatscht, gejubelt, eine cineastische Party im Kinosaal gefeiert - ein rauschend ausgelassenes Fest der absoluten filmischen Hingabe, eine inbrünstig geschmetterte Arie an die Kraft des Kinos, ein 126-minütiges Hohelied auf die Magie der Bilder. Der perfekte Film, um die Festivitäten für 2024 zu beschliessen, und Alle mit einem glücklich-erschöpften, beschwingt-berauschten Gefühl des finalen Highs in die spätsommerliche Nacht zu entlassen. Ein schwermütig-sehnsuchtsvoller Abgesang auf eine lange entschwundene Ära, eine empathische Liebeserklärung an ein anderes Hongkong, das es nicht mehr gibt, die melancholisch-verblassende Reminiszenz an ein Lebensgefühl, das nur noch in der Erinnerung existiert. Die bittersüss-traurige Ode an eine einander treu verbundene und sich gegenseitig unterstützende Gemeinschaft, die nicht mehr besteht, die poetischen Gedichtzeilen über einen verlorenen Ort, der nirgends mehr zu finden ist, ausser in der gedanklichen Rückschau. Der swan song einer freieren, offeneren Metropole, in der Alles möglich schien, für Jede:n irgendwo ein Platz war - und sei es in den Mauern eines dichtbesiedelten, aus allen architektonischen und Wohnraum-technischen Nähten platzenden, eher organisch gewachsenen denn erbaut zu sein scheinenden Hochhaus-Komplexes. Und hier ging es mir dann wie @splattercheffe zuvor bei „A Place Called Silence“ - ich konnte nicht anders, als dieses bunt überbordende Mosaik von persönlichen Dramen und Clan-Auseinandersetzungen als unverhohlene Allegorie auf / versteckte Kritik an all den Restriktionen und vielen Einschränkungen, welche Festland-China nach der Machtübernahme von Xi Jinping und seiner Junta dem einstmals so verheissungsvoll liberalen, freiheitsliebenden Stadtstaat hat angedeihen lassen, zu verstehen… mag schon sein, dass ich das überinterpretiert / zuviel an Subtext in diesen betörend-bildgewaltigen Reigen von fight scenes, Verbrüderungen, Beistands-Eiden, Verrat, Opportunismus und unverbrüchlicher Kameraderie hineingelesen habe, aber so hab’ ich es nunmal empfunden. Und ja, während des verlustgetränkten, Abschiedstränen evozierenden Abspanns habe ich weinen müssen. Vor lauter Glück und Freude über all das Gesehene und Erlebte, vor Betrübnis, dass es nun vorbei und vergangen ist, vor Gewissheit, dass ich all diese Bilder und Erinnerungen für immer in meinem Herzen tragen werde. Bevor ich aus dem Kino hinaustrat in die Schwärze der Nacht.

Ich schrieb es ja schon: Der perfekte Abschlussfilm.

:heart: :heart: :heart:

"I said remember this moment / In the back of my mind
The time we stood with our shaking hands / The crowds in stands went wild
We were the kings and the queens / And they read off our names
The night you danced like you knew our lives / Would never be the same
You held your head like a hero / On a history book page
It was the end of a decade / But the start of an age

Long live the walls we crashed through
How the kingdom lights shined just for me and you
I was screaming, „Long live all the magic we made“
And bring on all the pretenders
One day we will be remembered"

(Taylor Swift, „Long Live“)

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