He he he…was Dir bei “The Wild Pear Tree” an Dialogen zuviel war, das hatte ich in " Las Hijas del Fuego" an Action zuviel…dort ging es nämlich handfest zur Sache…
…ich hatte dann nämlich irgendwie ja doch einen etwas anderen Film erwartet, als denjenigen, welchen ich dann im gut gefüllten Studio-Kino zu sehen bekam. Mehr Drama und Roadmovie, ja sicherlich auch mit explizit sexuellen Sequenzen, diese aber mehr so ab und an zwischendurch. Im Endeffekt waren dann gefühlt die Hälfte bis zwei Drittel der gut zweistündigen Laufzeit (vermutlich weitaus weniger, es fühlte sich aber länger an) aber doch sehr offenherzige Sexszenen, die kein Detail aussparten. Statt eines Dramas oder einer klaren Erzählung scheint es der Regisseurin tatsächlich nämlich vor Allem um eine Neudefiniton von (lesbisch-queerer) Pornographie vermittels einer ganz anderen Bildsprache als in der Mainstream-Hetreo-Pornographie (oder, for that part, auch dem schwulen Porno-Mainstream) zu gehen. Der Roadmovie-Anteil beschränkt sich dabei auf “The Wizard Of Oz” meets Shine Louise Houston, will meinen, (anfangs) drei Frauen fahren durch die rauh-zerklüftete Landschaft Patagoniens und sammeln unterwegs immer mehr und mehr andere weibliche Mitfahrerinnen auf, welche sie mal aus erkaltet-lieblosen Hetero-Ehen, mal vor dem Versauern in der Ödnis der argentinischen Provinz erretten, und haben dann Sex mit ihnen - mal zu zweit, mal zu dritt, oft alle miteinander / Jede mit Jeder, in Hotelzimmern, auf einem Kirchenaltar, in offener Landschaft, mit Dildos, Bonding, BDSM-Praxen, Flagellation, etc.pp. Hatte ich so nicht erwartet, hat mich aber auch nicht weiter gestört, bzw. fand ich es dann doch auch ganz interessant (nicht den Sex an sich, sondern die Art und Weise, wie er ins Bild gesetzt wurde). Während die heterosexistische und auch ein Gutteil der schwulen Mainstream-Pornographie sich ja darauf beschränken, den Körper zu fetischisieren, zu objektivieren, ihn (durch die Setzung des Bildkaders auf bestimmte, meist primär-genitale Körperteile) in Stücke zu zerschneiden, und die Protagonist_Innen damit ihrer eigene Lust zu berauben und´ganz dem Blick und Begehren des_der Zuschauenden unterzuordnen, ging es den Töchtern des Feuers dagegen um eine radikale Re-Subjektivierung der Handelnden, um das Anerkennen und Beibehalten ihrer je eigenen Lust / Lüste, um ein polyamouröses, nicht patriarchal-sexistisches Begehren, ein Öffnen von ver- und beengenden Darstellungsformen und ein Erweitern von Möglichkeiten, ein Neu-Denken von Weiblichkeit und ihrer Lust. Das klappte mal mehr, mal weniger gut, wobei es neben den ständigen Sexszenen auch mehrere künstlerische Einschübe gab (in Art von alten Schwarzweiss-Aufnahmen, in denen junge Frauen durch den Dschungel streiften, oder Doppelbelichtungen mit neonrot verfärbten Quallen, die über die Leinwand schweben, während im Hintergrund weibliche Genitalien stimuliert werden). Am für mich persönlich Interessantesten war allerdings das Voice Over einer der Haupt-Protagonistinnen, die (im Film) einen queeren Porno drehen wollte, und deren poetisch-sinnliche Prosa mich teilweise sehr an Monique Wittig’s “Le corps lesbien” (eines der radikalsten, kompromisslosesten, brutal-leidenschaftlichsten Bücher, die ich je gelesen habe) erinnerte - diese gesprochenen Sätze waren so zum Bersten übervoll mit Ideen, Geistesblitzen und radikal-herausfordenden Gedanken, dass ich sie beim ersten Sehen / Zuhören garnicht alle aufnehmen / weiterdenken konnte, und ich den Film deshalb (und sicherlich nicht wegen der Sexszenen, auch wenn das jetzt vielleicht niemand glauben mag) noch mehrere Male sehen muss. Queertopia, sicher - aber gerade auch deshalb dann doch sehr interessant und unbedingt sehenswert. Direkt vor dem Film wurde uns vom Kurator der Sektion übrigens das Filmende als das “sicherlich mit Abstand beste Ende des ganzen Filmfests” angepriesen - naja. Die letzte Sequenz bestand aussschliesslich darin, dass man einer jungen Frau mit nacktem Unterkörper und weit gespreizten Beinen minutenlang dabei zusehen darf, wie sie ihr Kätzchen rubbelt, will meinen, mit steigender Erregung vor sich hinmasturbiert. Machte im Kontext des Films schon Sinn, irgendwie fand ich den Kommentar des Filmfest-Menschen, zumal im einem eher jovial-belustigt-herablassenden Tonfall und in Anbetracht der Tatsache, dass es sich um einen schon älteren Cis-Mann handelte, im Nachhinein dann aber doch eher unpassend bis ärgerlich. Diverse walk outs gab’s übrigens auch - ich schätze mal, so zehn bis zwölf Leute dürften den ach so tollen Schluss nicht mehr mitbekommen haben…
Ach ja - während der gesamten Laufzeit lief direkt nebenan auf dem Hinterhof der Bernsteinbar eine Techno-oder Reggae-Open-Air-Fete (“Viva La Bernie” war das Motto des Abends), sodass zum Einen der Zugang zum Kino, wenn man aus Richtung Buslinie 3 / Neuer Pferdemarkt kam, sich eher schwierig gestaltete, weil die Menschenmenge die gesamte Strasse blockierte, und wir zum Anderen über die gesamte Laufzeit das Dröhnen der noch deutlich vernehmbaren Beats ertragen mussten - zu Anfang empfand ich das als eher störend, später dann hat sich das aber ganz gut dem Rythmus und dem flow des Films angepasst.
Ich mach’ hier erstmal eine kurze Pause und schreib’ dann gleich entweder per Nach-Editier-Funktion oder in einem neuen Post nochmal was zu “Nervous Translation” und “We The Animals”.