Vor dem letzten Film wurden die Gewinner für Berlin bekannt gegeben. Ich habe folgende Ergebnisse notiert, aber es ging etwas schnell. Insofern bitte korrigieren, wenn notwendig
Shorts: Meat Puppet (es wurden hier im Gegensatz zu den anderen Städten keine weiteren Platzierungen bekannt gegeben)
Fresh Blood:
Humanist Vampire Seeking Consenting Suicidal Person
Mich überrascht sehr, dass Strange Darling überhaupt nicht auf dem Treppchen steht. Vom Applaus her hätte ich Platz 1 für möglich gehalten, war auch mein Favorit.
Ich war angesichts der Konkurrenz auch etwas überrascht. Aber vielleicht haben sich viele Leute aufgrund der sonst eher düsteren Filme über diese eher warmherzige Story gefreut und mit Bonuspunkten bewertet. Vor Humanist Vampire lief z.B. in Berlin Maldoror…
Absolut verdient , und ist schon richtig so… Im Gegensatz zum vollkommen überhyped-ten „The Substance“, welcher zwar eine Style-Granate deluxe ist, ansonsten aber leider nicht viel zu bieten hat, hat der nämlich sowohl das Herz am rechten Fleck, als auch etwas wirklich Bedeutendes über die condiotio humana zu erzählen… Freut mich ganz ungemein.
…was mich persönlich viel mehr schockiert, ist, wie gut der blöde und lächerlich-Lackaffen-mässige „Strange Darling“, den ich selbst ja mal so überhaupt gar nicht leiden kann (für mich der mit Abstand mieseste Film des Festivals, noch vor „Breathing In“) überall anzukommen scheint… aber gut, ich muss ja auch nicht Alles verstehen. Geschmäcker sind halt verschieden.
Ich bekomme das noch nicht so ganz zusammen:
HUMANIST VAMPIRE gewinnt bis dato überall den Fresh Blood, aber in den Stats liegt SUBSTANCE doch höher (als ich das letzte Mal geschaut habe, Durchschnittswertung 8,00 zu 7,45).
Darf man das so interpretieren, angesichts der vollgefüllten Säle bei SUBSTANCE, dass das FFF-Stammpublikum eher zur feinen Vampir-Romanze tendiert statt zum vergleichsweise knalligen, aber oberflächlicheren Blockbuster? Oder was verstehe ich nicht?
(Werten will ich das gar nicht, obwohl ich zugeben muss, dass mich das Ergebnis des Fresh Blood extrem freut. Mich würde nur interessieren, wie diese leichte Diskrepanz - auf hohem Niveau beider Filme - zustande kommt.)
Die Statistik hier betrifft ja nur uns Foren-Mitglieder, und nicht die Gesamtheit der beim Film im Kinosaal anwesenden Besucher:Innen des jeweiligen screenings… und ja, ich verstehe das aber auch ganz ähnlich wie Du. Anscheinend haben von den FFF-Besucher:Innen viele dem im Vorfeld ja doch schon sehr heftigen Hype um „The Substance“ nach Sichtung des fertigen Endergebnisses nicht so ganz folgen können und wollen, und ihr Herz stattdessen lieber an die liebenswert stille, zurückhaltend-schüchterne Art der humanistischen Vampirin und ihres linkischen Lovers in spe verloren… und my oh my, macht mich das happy…
Edit-To-Add: Nur, um das nochmal kurz klarzustellen, und damit das jetzt nicht völlig falsch rüberkommt: Es mag sich nach der Lektüre meiner in den letzten paar Tagen gemachten posts, und vor Allem mit direkten Vergleich meines ja doch sehr kritischen reviews zu Fargeats Body Horror-„Monstro ElisaSue“-Groteske einerseits und den in Verzückung nur so schwelgenden Anmerkungen zu Ariane Louis-Seizes still bezaubernder Aussenseiter:Innen-Romanze jetzt vielleicht so lesen, als würde ich „The Substance“ ein bisschen unverdient runtermachen, und so gar nicht mögen… dem ist aber nicht so, selbst wenn das so wirken mag. Ich halte „The Substance“ ja durchaus schon für einen guten Film, und mag auch Vieles an ihm - Nur ist er IMHO in der Gesamtschau eben weitaus weniger, als die Summe seiner einzelnen Teile, und unterm Strich auch inhaltlich / diskursiv nicht wirklich gehaltvoll / überzeugend… und das hätte er aber doch schon sein können / müssen. Für mich jedenfalls ein klarer Rückschritt zum zwar kleineren, dafür aber feineren und auch erzählerisch weitaus „strafferen“ (um kurz mal eben @todaystomorrow s Worte auszuborgen… ) „Revenge“. Und das ist irgendwie schade.
Ich interpretiere das eher so:
Substance war überall ausverkauft, Humanist Vampire war sehr gut gelegt bis ausverkauft - in der Beziehung also nahezu Chancengleichheit mit bei beiden durchaus vielen „Mainstreambesuchern“ oder zumindest keine hardcore FFF-Oldschool-Splatterheads.
Und dann gewinnt ganz klar die ruhigere, zugänglichere Vampirromanze im Klnoschnitt. Hier auf f3a sind aber mehr alteingesessene und genreaffine Gorefreunde, sodass es Fargeats Fleischexzess leichter hat und mehr Topwertungen kassiert als vom durchmixten und sicher auch etwas verstörten Publikum im Saal.
Puh, ich bin ja wirklich etwas überrascht über die Ergebnisse … denn wenn ich THE SUBSTANCE auch für etwas over-hyped und lange nicht so beeindruckend halte, wie das für doch offenkundig viele im (zumindest Frankfurter) Publikum der Fall war, bin ich von HUMANIST VAMPIRE ja nun noch weniger beeindruckt. Habe ihn als „lauwarmes Lüftchen“ wahrgenommen, das bei mir keinerlei bleibenden Eindruck hinterlassen konnte, obwohl ich die Prämisse schön fand. Aber gut, meine Sichtung ist schon ein Jahr her. Ich gebe ihm eine zweite Chance, am Montag …
He he he - ich fand’ ja auch, dass er stimmungstechnisch und in Sachen „Spannungs-Armut“ auch schon ziemlich in Richtung „La morsure“ / „Bitten“ ging - und der hat Dir ja auch so gar nicht zugesagt. Von daher verwundert mich da Dein Verdikt nicht allzusehr - meine eigene Verzückung wiederum aber auch nicht so. Wobei ich von „La morsure“ dann doch ein gutes Stück mehr angetan war, was aber auch an seiner bedeutend leidenschaftlicheren Art liegt - die humanistische Vampirin war / ist da wohl auch ein bisschen zu still-zurückhaltend, im Vergleich.
Ist halt ein reines mood piece - sowas mag ja auch nicht Jede:r. Aber scheinbar doch so Einige.