Angelehnt an dem „Corona und das Kino“ Thread und weil es schon einige Anmerkungen zu diesem Thema in anderen Threads gab, dachte ich mir, dass es nicht schaden kann, wenn wir für dieses aktuell brisante Thema auch einen eigenen Thread eröffnen. Themen dürfte es sicher genug geben und wahrscheinlich wird uns dieses Thema genauso wie Corona leider noch einige Jahre begleiten.
Karlovy Vary sperrt Kriegsbefürworter aus
Beim Karlovy Vary International Film Festival Anfang Juli wird niemand vertreten sein, der mit dem russischen Staat oder staatlichen Institutionen in Verbindung steht oder die militärische Aggression befürwortet.
Das Anfang Juli stattfindende Filmfestival im tschechischen Karlovy Vary schließt sich zwar nicht generell dem u.a. vom ukrainischen Filmemacher Oleg Sentsow getätigten Boykottaufruf des russischen Films an, bezieht aber ganz klar Stellung zum russischen Einmarsch in der Ukraine. Wie das Festival heute bekannt gab, werde bei der diesjährigen Festivalausgabe niemand vertreten sein, der in irgendeiner Art und Weise mit dem russischen Staat oder staatlichen Institutionen in Verbindung steht oder die militärische Aggression befürwortet.
Quelle: Blickpunkt:Film 04.03.2022 14:52 • von Jochen Müller
Gemeinsamer Spendenaufruf der Nürnberger Kinos
Unterstützt vom Nuremberg International Human Rights FilmFestival rufen die sechs Nürnberger Kinos gemeinsam mit einem Spot zur Hilfe für die Ukraine auf.
„Entsetzt und hilflos hören und sehen wir derzeit die Nachrichten aus der Ukraine“ heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Nürnberger Kinos Casablanca, Filmhaus, Meisengeige, Metropolis, Admiral und Cinecitta. Gemeinsam wolle man einen Beitrag zur Hilfe leisten - und habe sich für einen Aufruf zu Geldspenden entschieden. So könne das, „was wirklich benötigt wird, genau dort, wo es benötigt wird, besorgt werden“.
In einem Spot, der in allen Nürnberger Kinos laufen soll, wird gemeinsam auf eine von der Stadt und dem Partnerschaftsverein Charkiw-Nürnberg eingerichtetes Spendenkonto hingewiesen, dass für die ukrainische Partnerstadt Charkiw genutzt wird. Auch das Nuremberg International Human Rights Film Festival unterstützt die Aktion.
Spendenkonto des Partnerschaftsvereins Charkiw-Nürnberg und der Stadt Nürnberg: IBAN: DE12 7605 0101 0001 3500 58; Verwendungszweck: „Hilfsprojekte in Charkiw“
Die Schaltung des Spots soll eine erste Maßnahme sein, um die ukrainische Partnerstadt gezielt auch über die Reichweite der Kinos zu unterstützen, darüber hinaus planen die einzelnen Häuser weitere Aktionen.
Das Cinecitta verweist abseits dessen noch auf eine bereits seit geraumer Zeit angesetzte Aufzeichnung von „Schwanensee“ aus dem Moskauer Bolschoi-Theater. Diese werde man nicht absetzen, die Einnahmen jedoch komplett für die Ukraine spenden. Ein Weg, den auch andere Kinos, die die Aufzeichnung im Programm halten, beschritten haben.
Unterdessen ist zu hören, dass auch eine bundesweite Unterstützungsaktion der Kinos geplant ist, Details wird es wohl in der kommenden Woche geben.
Quelle: Blickpunkt:Film 04.03.2022 14:23 • von Marc Mensch
Jahre hoffentlich nicht, aber mit all seinen Konsequenzen sicher bis weit in den Sommer hinein.
Ich selbst muss gestehen, dass es mir nicht leicht fällt, Kino derzeit unbeschwert zu genießen. Es fühlt sich schon sehr nach Eskapismus an, dabei ist es eigentlich sonst mit das Wichtigste in meinem Leben, allein das nehm ich diesem russischen Haderlump schwerst übel. Man fühlt sich, schlimmer noch als in der Pandemie, so machtlos, gleichzeitig hat man in geografisch privilegierter Lage ein schlechtes Gewissen, zumal ich den Krieg schon auch als Angriff auf eine Lebensweise sehe (muss ich sicher nicht näher beschreiben), die es überhaupt erst erlaubt, ohne Zwänge und mit freiem Geist Kunst und damit auch Kino zu machen und zu genießen.
Ich kann jeden Ukrainer verstehen, der momentan einen Ausschluss sämtlicher russischer Beteiligung an allem möglichen fordert, bleibe aber diesbezüglich bei meiner bereits geäußerten Meinung: Einzelfälle muss man prüfen, allgemeine Zensur wäre kontraproduktiv.
(…) 1937, als der Geheimdienst NKWD im Auftrag Stalins bei den „Großen Säuberungen“ mehr als eine Million Menschen festnahm, die im Verdacht standen, nicht ausreichend linientreu zu sein. „Man kann nicht vorsichtig genug sein“, sagt die Dramaturgin, sie prüfe gerade, wann und wohin sie ausreisen könne.
Kantemir Balagov, Regisseur und Gewinner zweier Preise beim Filmfestival in Cannes 2019, hat dies schon getan, auf Twitter postete er ein Bild von einem Flughafen. „Wir haben Russland verlassen“, schrieb er am Sonntag. „Von einem Augenblick auf den anderen wurde uns die Zukunft genommen, eines aber können sie uns nicht entreißen - das KINO“. Sein Herz sei bei den Ukrainern und jenen Russen, die gegen den „Albtraum“ aufstünden.
Herzzerreißend. Und beeindruckend.
Ich bin klar dagegen, Künstler im weiteren Sinne pauschal auszuschließen, nur weil sie Russen sind oder in Russland arbeiten. Ich denke auch, dass man von Künstlern nicht verlangen kann, sich aktiv gegen Putin zu positionieren, so lange diese Künstler Familie in Russland haben. Mir fällt allerdings auch keine vernünftige Lösung ein…
Es ist schwierig. Einerseits finanziert man indirekt den Krieg gegen die Ukraine, wenn man russische Filme zeigt; andererseits macht man russische Künstler mundtot, wenn man es nicht tut. Kirill Sokolov, der Regisseur von „No looking back“, hat sich jedenfalls öffentlich gegen den Krieg ausgesprochen, wofür ihm größter Respekt gebührt.