Loving The A L I E N : How Ripley Got Rid Of Her Nightmares

And so it begins… Wie erst kürzlich andernorts von mir angekündigt, hier nun also das neueste, größenwahnsinnig-grenzenlose, exzessiv-ausufernde Text-Ungetüm / Film-Thema zu einer der bedeutendsten und einflußreichsten nicht nur Genrefilm-, sondern movie franchises überhaupt… Und, so wie im letzten Frühsommer, werde ich mich auch heuer wieder jedem einzelnen der vier zu besprechenden Filmen mit einem intensiv-detailierten, (hoffentlich) tiefschürfend-facettenreichen, scheinbar endlosen Text-Korpus widmen. Im Gegensatz zur letztjährigen movie extravaganza werden diese meine Bleiwüsten nunmehr allerdings bedeutend filmtheoretischer ausfallen, als noch vor gut 12 Monaten zu George Millers „Mad Max“-Filmen. Was eventuell nicht Jeder:Jedem so wirklich schmecken wird, und munden mag. Mir aber egal ist - Zumal ja auch im Laufe der Jahrzehnte an (nicht nur) filmtheoretischer Auseinandersetzung mit dem Film-Quartett eigentlich auch schon so gut wie Alles, und dann nochmal mehr, dazu gesagt und geschrieben worden ist. Ich hier in diesem thread im Laufe der nächsten paar Wochen also auch nicht wesentlich mehr machen werde, als ebendiese im Grunde schon altbekannten Inhalte noch einmal eingehend zu referieren. Aber naja, vielleicht ist das Eine oder Andere dann ja doch dem einen oder der anderen Forums-User:in, welche sich nicht so dermaßen mit der relevanten Sekundär-Literatur zu den „A L I E N“-Filmen beschäftigt haben, wie meine Wenigkeit vor nun fast auch schon wieder 20 Jahren, bislang noch unbekannt. Machen wir uns also auf eine Reise in die tödlich-stille Eiseskälte des Weltalls, um dortselbst dem zu begegnen, was letztlich nichts Anderes, als unsere allereigenste, tiefsitzendste Ur-Angst ist - verkörpert in Gestalt einer Kreatur, welche sich wohl Keine:r von uns in unseren allerschlimmsten Alpträumen so hätte ausmalen können… dem Alien (und nein, das nervig-doofe X-Wort werde ich hier ganz bestimmt nicht verwenden… warum nicht, das habe ich ja schon mal anderswo in aller Ausführlichkeit dargelegt). Eine Konfrontation, die Niemande:n unbeeindruckt und unverändert gelassen hat, und lassen wird, die:der sie einmal gemacht hat, und / oder sie noch machen wird.

Als der erste „A L I E N“-Film im Jahre 1979 in die Kinos kam, da war das mit nichts Anderem zu vergleichen, was man bis dato gesehen hatte. Nicht nur, dass der Streifen den bereits im ersten „Star Wars“ von 1977 bereits verwendeten „used future“-look zur Perfektion brachte, und etablieren half, nein: Er räumte ein für allemal mit der Vorstellung von Science Fiction als einem (klinisch) sauberem, technologisch-unterkühlten Genre auf, ja, „infizierte“ dieses sogar mit Bildern von ekelerregender Perversion, sexueller Gewalt, abstossend-anwidernder Unreinheit, und traumatischer Penetration, und erteilte darüber hinaus auch der erst wenige Jahre zuvor von Steven Spielberg in die Köpfe der Kinobesucher:Innen gepflanzten Vorstellung, bei der Darstellung von intelligenten ausserirdischen Lebensformen würde es sich zuvorderst um technologisch fortgeschrittene, sanftmütige und friedfertige Spezies handeln, eine Absage. Die extraterrestrische Kreatur, welcher die Raumschiffbesatzung der „Nostromo“ Ende der 1970er da begegnete, war ein im Dunkeln und den Schatten hausendes, fast nur aus Zähnen, Krallen und abstrus entstellten Genitalien bestehendes, in seiner Nachtmahr-artigen Gestalt kaum vorstell- und darstellbares Monstrum, das an keiner Verständigung oder einem wie auch immer gearteten Dialog Interesse zeigte, dessen einziges Ansinnen des Erstkontakts in der Insemination, Vergewaltigung und dem Töten bestand. „A L I E N“ war ein zum (Brust-)Bersten angefüllter Schocker voller perverser psychosexueller Allegorien, bizarrer genitaler Symboliken, und abstoßend-ekelerregender reproduktiver Metaphern. Der Besuch des Films war somit auch eine Lektion in Sachen Terror, eine zwar gemächlich beginnende, aber in der zweiten Filmhälfte sich immer mehr und mehr in ein kaum vorstellbares Tempo von Anspannung und Getriebenheit steigernde Furcht, in eine atemlos-fiebrige Flucht vor dem blanken Grauen, eine keinerlei Ruhe zum Durchatmen oder Verschnaufpause mehr gönnende klaustrophobische Hatz durch enge und schummrig beleuchtete Korridore, ein puren Schrecken verheissendes Terrorkino, wie man es bis dahin kaum einmal, wenn nicht sogar noch nie auf der Leinwand hatte erblicken können. Was zu einem Gutteil auch den ihm zugrunde liegenden Urängsten, und tiefenpsychologisch-universellen, menschheitsgeschichtlich-bestimmenden, biographisch-allgemeingültigen Topoi zu verdanken war und ist. Denn dieser allererste „A L I E N“ hat als sein Hauptthema, mehr noch als ihm nachfolgenden Fortsetzungen, ja vor Allem die (männliche) Angst vor der als monströs empfundenen Weiblichkeit, vor allem in deren sexuellen und reproduktiven Ausprägungen und Anlagen, und somit die unausweichliche Konfrontation mit den Traumata unserer frühesten Kindheit - dem Geboren-Werden als In-die-Welt-Geworfensein, der individuellen Vergeschlechtlichung und damit der Auf- und Abspaltung ganzer Persönlichkeits-Anteile, welche wir fortan als „das Fremde“, „das ganz Andere“, als von unseren Selbsten veräusserte, in diametraler Opposition zu unserem Ich verstandene Gegensätzlichkeit zu begreifen wir uns gezwungen sehen. Es ging und geht bei der Gegenüberstellung von uns Menschen und dem bizarr-fremdartigen Alien also um das, was einstmals untrennbar zu uns gehörte, dem zu stellen uns aber ein derartiges Grauen einflößte, dass wir es in einem Akt der Verzweiflung von uns abgespalten und zu verdrängen versucht haben. Und das uns nun umso stärker wieder heimsucht, und uns als kaum fass- und / oder verstehbare, durch und durch verzerrt-widerliche Perversion erscheint, die uns einen Schrecken einflösst, der bis an den Urgrund nicht nur unserer Seele / Psyche, sondern unserer Existenz selbst, und der bis dahin immer als gesichert angenommenen Grundlagen ebendieser Existenz reicht. Eine Thematik, welcher sich dann auch - in je unterschiedlichen Schattierungen, und mit je ganz verschiedenen Facetten, aus je anderen Perspektiven / Blickwinkeln, und mit je neuen , die darauf folgenden Sequels angenommen haben, und diese dann an der Person / dem Charakter der Ripley, durch dekliniert haben. Ich möchte hiermit und im weiteren Verlauf der noch kommenden Texte zu den späteren Filmen, auch argumentieren, dass es in der gesamten franchise als solche auch um nichts Anderes, als die - von Ripley stellvertretend für uns selbst unternommenen - diversen Versuche, diese Auf- und Abspaltung des Selbst wieder in ebenselbes zu integrieren, und damit das Ur-Trauma als Grund und Ursache all dieser Schrecken und Perversionen, zwar nicht aufzuheben, aber dennoch zu bannen. Was ihr ganz am Ende auch gelingen wird. Aber soweit sind wir ja noch lange nicht. Begeben wir uns erst einmal ganz an den Anfang dieser soziokulturellen, individual-psychologischen Odyssee, hin zu dem Moment, wo der planmässige Rückflug des Erzfrachters „Nostromo“ von den Solomons zur Erde eine unerwartet-überraschende Kurskorrektur erfährt…

Loving The A L I E N : How Ripley Got Rid Of Her Nightmares

Part 1: Back Into The Womb - Von Geburts-Traumata und Vergewaltigungs-Androhungen

„A L I E N“
(Ridley Scott / 1979 / Blu Ray (Theatrical Cut) / englischsprachige Originalversion )

„What’s the story, mother?“

Das Erste, dessen wir in „A L I E N“ gewahr werden, ist das Innere des Raumschiffs. Endlose Korridore, menschenleere Cockpits und Messen, verlassene Kontroll-Panels, ein nur notdürftig beleuchtetes, durchtechnisiertes, auch ohne humanoides Zutun voll funktionierendes System. In der Zukunft des Films scheint ein vollautomatisches Technik-Regime die Abläufe an Bord zu bestimmen und zu verwalten, und mutet die Existenz von Menschen darin in keinster Weise als notwendig für sein Fortbestehen, eher als geduldet an (diese Entbehrlichkeit der menschlichen Protagonist:innen wird sich später noch in einem Nebensatz der geheimen Unternehmens-Direktive wiederspiegeln: „Crew […] expendable.“). Jedoch hat das Schiff durchaus auch eine Besatzung, welche sich allerdings für die Dauer der Reise im Cryo-Tiefschlaf befindet. Wenn also „A L I E N“ uns in seiner ersten Schlüssel-Szene deren Erwachen zeigt, dann erinnert das nicht von ungefähr an eine Art kollektiver, technisierter, bar jedweder sexueller oder biologischer Komponente sich vollziehender „Geburt“ (noch verstärkt durch den Umstand, dass der Erste Offizier Kane als erster Erwachender / aus der Retorte) „Geborener“, eine Art „Windel“ trägt).

Bereits hier etabliert der Streifen seinen zugrunde liegenden Grund-Konflikt: Die Reproduktion der Zukunft ist von ihrem sexuellen Zeugungs-Akt entkoppelt, sie vollzieht sich quasi steril, jeglicher körperlicher Unvollkommenheit entledigt, auf rein technologisch-funktioneller Ebene. Sex und Sexualität sind als störende Elemente aus der (Arbeits-)Welt an Bord der „Nostromo“ verbannt, vom Konzern verdrängt worden. Was nicht heisst, dass diese nicht doch noch unterschwellig im Bewusstsein der Crew herumspuken würden (bezeichnend hier Parkers Bemerkung beim ersten gemeinsamen Dinner, dass er „would rather be eating something else“, als kaum versteckte Anspielung auf Cunnilingus (was in der deutschen Übersetzung leider fast vollständig verloren gegangen ist)). Gesteuert werden sämtliche Vorgänge an Bord des Schiffes vom zentralen Hauptcomputer, einer Recheneinheit, die von den Besatzungsmitgliedern halb im Scherz, halb ernsthaft „Mutter“ genannt wird. Auch das Konzept von Fürsorge und Mutterschaft ist hier also auf maschinelle Abläufe, technische Prozesse und mechanistisch-durchgerechnete Prozeduren verschoben worden. Die Verantwortung für die „Nachkommen“ / die Kinder liegt nicht mehr bei einer empathisch-mitfühlenden menschlichen Person (meist weiblichen Geschlechts), sondern ist programmierte Aufgabe einer seelenlosen Computer-Entität, bloss noch Bestandteil von Algorithmen, Rechen-Routinen und Wahrscheinlichkeits-Werten. Damit einher geht natürlich auch eine implizite Infantilisierung der Crew, welche sich mehr oder minder selbst als zurückgesetzt gegenüber der als fürsorgend übergeordneten Instanz, dem „Mutter“-Computer, begreift. Und ebendieser Computer macht die Besatzung auf ein Funksignal unbekannten Ursprungs, ausgehend von einem unerforschten Planetoiden, aufmerksam. Noch wissen sie nicht, was sich da nach so langer Zeit wieder bei ihnen meldet, und auch uns Zuschauer:Innen ist es noch unklar. Als sie jedoch mit der von der Erz-Raffinerie abgekoppelten Lande-Einheit auf dem Planetoiden aufsetzen, und ein Erkundungs-Team sich aufmacht, den Ursprung dieses Signals zu erforschen, da wird alsbald klar, wohin es sie verschlagen hat…

Das Signal wird aus dem Wrack eines Raumschiffs ausserirdischen Ursprungs gesendet. Ein Wrack, welches beim Näherkommen des Teams nicht zufällig anmutet, wie der gigantische Leichnam einer geschändeten Frau mit gespreizten Beinen. Die Raumschiff-Besatzung ist zurückgekehrt zum toten, versteinerten Körper der archaischen Ur-Mutter. Die hier symbolisch steht für die verdrängte, und nun im Übermaß wiederkehrende Sexualität. Eine Sexualität, die als monströs, als bedrohlich, als pervers und gefährlich empfunden, erlebt und erfahren wird. Bereits der Einstieg in das fremde spacecraft muss über das Eindringen in eine Vulva-hafte Öffnung erfolgen (deren groteske Übersexualisierung dadurch gekennzeichnet ist, dass sie in gleich doppelter Ausführung vorhanden ist). Sodann begeben sich die drei vermittels einer Art umgekehrten Akt des Geborenwerdens zurück in den Mutterleib, genauer gesagt, in den Uterus ihrer toten Übermutter. In dem immer noch ein verstorben-fossiler Fötus (der space jockey) seiner nie erfolgenden Geburt harrt. Sie haben somit nun also ihr eigenes Geburtstrauma (nämlich, eben doch von einem Menschen (lies: einer Frau) geboren worden zu sein, aller mechanistischen Wiedergeburten zum Trotz) rückgängig gemacht, und sind an den (verwaisten und verlorenen) Ort ihres Ursprungs zurück gekehrt. Der nun ein unheimlicher, gespenstisch stiller und verlassener Totentempel inmitten eines riesenhaften Leichnams ist. Doch Kane, als dem Neugierigsten (lies: sexuell begierigstem) der drei, genügt auch das noch nicht. Er wagt sich immer noch tiefer, bis hinab an die Ovarien / Eierstöcke. In denen tatsächlich noch eine Art sexueller Aktivität feststellbar ist - es ist feuchtwarm dort unten („[…] it’s like the goddamn tropics in here.“). Seine naseweise Vorwitzigkeit führt dann schlussendlich dazu, dass er von einem aus einem der dort befindlichen Eier herausbrechenden Organismus befruchtet wird.


Hyper-Sexualisierung des Monströs-Weiblichen: Doppel-Vulvae als Einstieg in den Mutterkörper


Back in the womb… Geburts-Trauma, revisited

„Kane’s son.“

Die Rückführung von Kanes (nunmehr infiziertem und) ins Koma gefallenem Körper führt dazu, dass der asexuell-maschinelle, leblos-sterile „Raumschiffkörper“ der „Nostromo“ in der Folge des Eindringens dieser verdrängten Sexualität und reproduktiven Prozesse „infiziert“ und „verseucht“ wird. Wobei dies zu Beginn allein auf Kanes Körper begrenzt scheint. Jedoch ist bereits der erste Versuch, sich des parasitären Organismus, der sich an Kanes Gesicht geklammert hat, zum Scheitern verurteilt, indem die Kreatur nach einem Einschnitt Säureblut verspritzt, welches sich durch jedwedes Material, selbst Metall-Legierungen, frisst. Auch das eine weitere Betonung der Monstrosität der weiblichen Sexualität der Übermutter, welche sich nun eines männlichen Körpers bemächtigt hat, um sich selbst fortzupflanzen. Was in der wohl ikonischsten und grässlichsten Szene des ganzen Films mündet - einer Szene, bei der ich jahrelang herzhaft habe lachen müssen. Die allergrösste Schreckensvorstellung überhaupt, dass nämlich ein Mann gebären muss - in „A L I E N“ wird sie (im Kontext des Films) wahr, und überaus anschaulich ins Bild gesetzt. Denn damit dieser Gebärvorgang überhaupt „gelingen“ kann, muss ja erst einmal eine Öffnung dafür geschaffen werden. Das Neugeborene frisst sich also durch Kanes Oberkörper, sprengt sodann seinen Brustkorb, und platzt in einem Regen von Blut und Fleischfetzen aus ihm heraus. Eine Szene, die in ihrer grausam-endgültigen Plastizität keinen Raum mehr lässt für subtile Andeutungen, oder feine Zwischentöne. Das hier ist purer, unmittelbarer Terror, ein tief verstörender Schreckensmoment, wie es in dieser Intensität und Unmittelbarkeit der Geschichte des Horrorfilms nur wenige gab. Nach dem chestburster ist nichts mehr so, wie es einmal war. Weder im Narrativ des Films selbst, noch in der Filmhistorie als solche. Das Monströs-Weibliche (nach Barbara Creed) hat seinen tödlichen Schrecken auf den Mann ausgeweitet, es bringt im selben Moment den Tod, wo es gleichzeitig neues Leben hervorbringt. Die unauflösbare Verschränkung, ja geradezu unwiderrufliche Verschmelzung von Eros und Thanatos, als den beiden das Leben fundamental bestimmenden Prinzipien - niemals vorher, nie wieder nachher ist sie in einem Bild, in einer Filmszene je so offenbar geworden, wie hier in diesem einen erschütternden, unvergesslich-schmerzhaften Augenblick.

Einmal der Enge seines provisorischen Ersatz-Uterus entflohen, beginnt das Alien damit, das Innere der „Nostromo“ mehr und mehr dem Interieur des Schiffswracks, dem es entstammt, anzuverwandeln. Auf manchen Decks fällt die vorher mühsam reparierte Beleuchtung wieder aus, die zuvor wenigstens halbwegs beleuchteten Korridore verändern sich und gleichen immer mehr beengenden Passagen ins Dunkle, wo sich wer-weiss-was verbergen kann. Zuvor bekannte und vertraute Bereiche erscheinen auf einmal unheimlich, aus dem schummrigen Zwielicht der verwinkelt-labyrinthischen Gänge und Räume scheint Bedrohliches zu entsteigen. Was dann zu einer meiner Lieblings-Szenen führt, als es nämlich bei Bretts Suche nach dem Schiffskater Jones unvermittelt im Schiffsinnern zu regnen beginnt, so als wäre hier auf einmal ein urwaldhafter Dschungel erwachsen, samt eigenem Klima und Wetter. Und das Gerassel und Geklimper der von der Decke herabhängenden schweren Eisenketten gemahnt - wie in einer seltsamen Prophetie - an die schwül-verschwitzte, beunruhigend-verunsichernde Atmosphäre der gay S&M leather clubs aus William Friedkins im selben Jahr gedrehtem „Cruising“.

Das ausgewachsene Alien macht sich daran, in einer pervers-morbiden Art von sexual frenzy die noch verbliebene Crew Eine nach dem Anderen zu dezimieren - Die Besatzungs-Mitglieder werden nicht einfach nur getötet, nein, sie werden buchstäblich zu Tode gefickt, penetriert, vergewaltigt, und in sexuell aufgeladenen Tötungs-Akten, die mehr an eine lethale Verführung, denn an ein blosses Dahinmeucheln denken lassen, terminiert. Wobei sich hier kein eindeutiges „Motiv“ des Ausserirdischen erkennen lässt. Ob die Kreatur nun zum sadistischen Vergnügen, um der bloßen Reproduktion / Fortpflanzung wegen, ob vielleicht sogar noch aus ganz anderer Motivation heraus ihr blutig-perverses Hand, ähem, Penetrationsorganwerk begeht, ist nicht feststellbar, und interessiert den Film auch nicht großartig. Wichtig ist nur, dass sie in eindeutig sexuell konnotierter Art und Weise vorgeht. Was noch durch den Umstand verstärkt wird, dass das Alien in seiner ganzen Erscheinung bereits „gender trouble“ auf zwei Beinen ist. Da es nicht nur einen überdimensionierten Phallus samt Schwellkörpern als Kopf / Schädel hat, sondern zudem auch in seinen Kieferwerkzeugen sowohl eher „männlich“ konnotierte, als auch dem Weiblichen zugeschriebene genital erscheinende Organe aufweist. Während seine äusseren Kiefer samt zurückziehbarer, beständig „feuchter“ Schleimhäute (die übrigens, nettes Detail nebenbei, zum Teil aus langgestreckten Kondomen bestehen, welche ständig und andauernd mit wasserbasierten Gleitmitteln übergossen wurden, um den von seinen Zähnen tropfenden „Schleim“ darzustellen) an eine Vagina Dentata gemahnen, hat der innere Kiefer die Form eines (skelettierten und ausfahrbaren) Phallus Dentatus. Diese genitale Unentschiedenheit macht das Wesen noch schreckenerregender. Es vereint sowohl die lebensschöpfende Urkraft des Weiblichen, die aber zur Genese neuen Lebens erst einmal bereits existierendes Leben vernichten muss, als auch die penetrative sexuelle Gewalt der männlichen Geschlechtsteile in sich. Seinen sexuellen Überschuss können wir weder reglementieren noch kontrollieren, seine sich gewaltförmig ausdrückende Lust am Eindringen in andere Körper, am Verletzen von körperlicher Unversehrtheit und dem Gefügigmachen anderer Lebewesen für die eigenen reproduktiven Zwecke, erscheinen uns in ihrer exzessiven Maßlosigkeit, in ihrer rücksichtslosen Durchsetzung als perverse Lustmorde, als drohender Missbrauch und sexuelle Versklavung bis in den eigenen Tod hinein. Das Alien ist nichts Anderes, als die zuvor abgeschiedene, und nun als perverser Exzess zu uns zurückgekehrte, verdrängte eigene Sexualität, das als das „monströse Andere“ empfundene, im Prozess unserer eigenen Vergeschlechtlichung von unserer sexuellen Identität Abgespaltene. Und in der finalen Konfrontation mit diesem verdrängten frühesten Sexual-Trauma wird uns unsere eigene Unvollkommenheit unserer psychosexuellen Identität, der kaum verarbeitete Schrecken der eigenen Geburt als Aufgebenmüssen der dyadischen Einheit im Mutterleib, die Unausweichlichkeit des irgendwann kommenden Todes, urplötzlich und schlagartig gewahr. Es ist eine (Wieder-)Vergewisserung, die einen fundamentalen, scheinbar nicht wieder gut zu machenden Makel an und in uns Selbst aufscheinen lässt. Das Abjekte, was wir von uns selbst abscheiden mussten, um uns überhaupt in die bestehende Ordnung von Geschlechtern und Sexualpolitiken einordnen zu können, ist als grausig entstellte Monstrosität wiedergekehrt, und legt diesen grundlegenden, nicht mehr und nicht wieder aus der Welt zu schaffenden Widerspruch in uns Allen offen. Wenn wir uns dem Alien gegenübersehen, sehen wir nichts Anderes, als das, was immer schon in uns war, wir aber nicht wahrnehmen konnten / wollten, um weiter- und überleben zu können.

„I admire it’s purity…“

Dass die beiden weißen Männer, welche sowohl vom sozialen Status als auch von der Arbeits-Hierarchie her ganz weit obenstehen, mit als Erste das Zeitliche segnen (wobei auch Brett als typischer Angehöriger der blue collar working class keine Schonung erfährt), und sowohl die Frau(en) als auch der Nichtweiße / die person of colour bis kurz vor dem Filmende als Letzte „übrigbleiben“, diesen Aspekt teilt „A L I E N“ mit George A. Romeros 1978er Untoten-Klassiker „Dawn Of The Dead“. Und wenn dann auch Captain Dallas in den Luftschächten des Schiffes verloren gegangen, und dem ausserirdischen Organismus zum Opfer gefallen ist, dann wird sowohl die bislang immer als neutrale Über-Instanz wahrgenommene Schiffs-Computer-„Mutter“ als „Verräterin“ und Agentin des durch den Konzern verkörperten) Patriarchats entlarvt, als auch der wissenschaftliche Offizier Ash als künstliche Lebensform, als synthetischer Android bloß gestellt. Ein Android noch dazu, der - qua nicht vorhandenem Genital - impotent ist, und ebendiese seine sexuelle Mangelhaftigkeit durch eine Mimikry der penetrativen Insemination des facehugger-Stadiums des Aliens auszugleichen versucht. In der diesen sexuellen Übergriff von Ash auf Ripley einleitenden Sequenz wird allerdings zuerst einmal dargestellt, dass auch Ash - dem Alien gleich - Sexualität vor Allem mit Gewalt durchsetzen will. Als Ripley aus der Nase zu bluten beginnt, signalisiert dies zugleich sowohl ihre (weiblich konnotierte) Verletzlichkeit, als auch ihre sexuelle Verfügbarkeit (analog zur Menstruation), woraufhin Ash eine kaum anders als als Ejakulat lesbare weissliche Flüsskeit abzusondern beginnt. Der impotente Mann, der somit eigentlich gar kein Mann ist, schleudert Ripley daraufhin in eine uns zuvor verborgen gebliebene Ecke des Schiffsinnern, welche mit Pin Up-Fotos, Nacktmodel-Plakaten und Pornoheften dekoriert ist, und agiert in einer albern-bemühten, brutal-brachialen Nachahmung die orale Penetration des facehuggers mittels eines zusammen gerollten Sex-Magazins aus. Nachdem er daraufhin von Parker verdroschen wird, und sodann wortwörtlich kopflos handelt, beginnt er, Unmengen dieses weisslich-zähflüssigen Ejakulats zu verspritzen, was hier offenbar als eine Art Blutersatz dient. Der scheinbar so asexuelle Android Ash war also insgeheim ein verklemmter sex maniac, der statt Blut von literweise Sperma durchflossen und am Leben gehalten wurde, und den in Wahrheit nichts Anderes mehr beschäftigte, als Sex und Befruchtung. Wenn er dann während seiner Befragung durch Ripley, Parker und Lambert anmerkt, er bewundere das Alien ob seiner (angeblichen) „Reinheit“, da es „unclouded by conscience, remorse, or delusions of morality“ sei, dann gibt das gleichzeitig auch die „work (non) ethic“ der company wieder, welche in ihrem rücksichtlosen Vorgehen, für das Menschenleben entbehrlich sind, und an allerletzter Stelle stehen, eben genauso agiert.

In seiner Schlussphase wird der Film dann zu einer atemlos-getriebenen, Paraonia-induzierten Hatz durch nunmehr den versteinert dunklen, höhlenhaft-Geburtskanal-ähnlichen Gängen des Alien-Schiffswracks überaus ähnlich gewordenen, sich wie in einer grotesken Totgeburt um Ripleys Silhouette verengenden und zu schliessen drohenden Schiffskorridore, nur noch beleuchtet vom flackernd-züngelnden Feuer des provisorischen Flammenwerfers, der grellweiss blitzenden Notbeleuchtung und den sattgelb sich drehenden Warnlampen. Eine an purer adrenalingetriebener Intensität für mich kaum zu übertreffende Viertelstunde, die mich bei jeder weiteren Sichtung aufs Neue in ihren Bann schlägt, und mich das Luftholen immer wieder beinahe vergessen lässt. In ihrem beklemmend-atemabschnürenden Rhythmus nahezu perfekte fünfzehn Minuten, die so ziemlich Alles, was mir an Terrorkino sonst noch bekannt ist, mühelos in den Schatten stellen. Auch in ihrem nervenzerrenden Sound Design und dem kongenial eingesetzten Soundtrack (beides Elemente, die so auch für den gesamten restlichen Film zutreffen, hier aber noch einmal zu besonderer Meisterschaft gelangen) absoluter state of the art, und kaum zu toppen. Allein schon dieser Sequenz wegen ein filmischer Geniestreich.

Das Finale auf dem Raumgleiter offenbart dann die tatsächlich einzige Schwachstelle am gesamten Film - mit der ich aber im Laufe der Zeit mehr oder weniger zu leben gelernt habe. Nachdem Ripley sowohl Ash, als auch die korrupte (Über-)„Mutter“ besiegt hat, und als letzte Überlebende dem Sex-Massaker der „Nostromo“ entkommen ist, da fällt dem Streifen nichts Besseres ein, als sie dann letztlich doch wieder auf ihre Körperlichkeit zu reduzieren, und sie der narrativ-symbolischen Sexualisierung durch die eigene Bildsprache preiszugeben, indem sie sich nicht nur bis auf die Unterwäsche entkleidet (was bezüglich der finalen Konfrontation und dem Duell mit dem Alien unter Umständen noch hinnehmbar gewesen wäre), sondern ihr Slip auch noch um mindestens drei Nummern zu klein ausfällt, und sie auch keinen BH trägt, damit man(n) auch ja die Brustwarzen wahrnimmt… Aaaaaargh!!! Auch, wenn sie sich dann ja quasi gleich wieder in Schale wirft, ob der letzten Vergewaltigungs-Androhung des vor lauter Geilheit schon Ejakulat sabbernden Aliens - dieser doof-depperte Schlenker kurz vor Schluss hätte nicht sein müssen, und ist sehr wahrscheinlich entweder auf dem Mist der Produzenten gewachsen, um dem (hetero-männlichen) Publikum doch noch ein paar sexistisch-peinliche „Schauwerte“ zu bieten, oder aber Ridley Scott in einem schlechten Moment sogar selbst eingefallen. Wie auch immer, Ripley besiegt das Alien, indem sie es selbst penetriert, und daraufhin aus dem Gleiter ins Vakuum des Alls befördert. Woraufhin die Alpträume der Realität aufs Erste gebannt sind. Und unsere Heldin in Ruhe ihren gläsernen Schneewittchen-Sarg für den Hyperschlaf bereit machen kann, um sich mitsamt ihres Katers darin schlafen zu legen.

Waiting to be reborn again.

Doch bis dahin sollten noch sieben lange Jahre (und siebenundfünfzig Filmjahre) vergehen.

P.S. / Edit-To-Add: Als Addendum noch drei kleine Anmerkungen eher persönlicher Natur:

  • Als wir den Film im September 1987 bei seiner ersten öffentlich-rechtlichen TV-Ausstrahlung (mitten in der Nacht) zum allerersten Mal sahen, da war die legendär-berüchtigte chestburster-Szene beinahe zur Gänze geschnitten. Und über zehn Jahre lang kannte ich „A L I E N“ auch nur in dieser Version. Bis ich dann im Sommer 1999 mal auf die Idee kam, ihm mir aus einer der örtlichen Videotheken zu entleihen, und da dann endlich auch mit dieser ikonischen „Gewalt“-Geburt anschaute. Aber was mir selbst eigentlich viel erwähnenswerter erscheint: Ich habe „A L I E N“ tatsächlich gleich nach der TV-Erstsichtung binnen eines Zeitraums von 24 Stunden ganze viermal gesehen. Denn am nächsten Tag (es war ein Sonntag) schaltete ich gleich nach dem Aufstehen und Frühstücken den VHS-Videorekorder ein, spulte die Aufnahme zurück, und schaute mir „A L I E N“ zum zweiten Mal an. Und als ich damit fertig war, da tat ich dasselbe noch einmal. Und dann noch ein drittes, und letztes Mal (ich weiss nicht mehr genau, ob und wenn ja, wann genau ich zwischen all diesen fast direkt aufeinander folgenden Sichtungen noch zu Mittag gegessen habe).

  • Not intending to brag about it, aber ich dürfte wohl einer von wenigen Menschen sein, die mit Fug und Recht von sich selbst behaupten können, das Alien aus dem Film tatsächlich einmal geküsst zu haben. Denn als im Frühjahr 2012 hier in Hamburg in der Fabrik der Künste eine grössere Giger-Ausstellung stattfand, da bat mich ein Freund, der mit mir zusammen einen der beiden Termine, an denen ich dort vor Ort verweilte, wahrnahm, mich doch bitte mit meinem Gesicht möglichst nahe an das Antlitz einer der ausgestellten, überlebensgrossen „A L I E N“-Skulpturen zu begeben, und ein wenig die Lippen zu spitzen, auf dass es so aussähe, als ob ich das Alien küssen würde. Weil ihm das aber immer und immer wieder noch nicht nahe genug war, hielt er mich beständig dazu an, noch näher an das Viech heranzurücken, solange, bis ich dann - mit geschlossenen Augen, wie man das beim Küssen ja oft so macht - wirklich und wahrhaftig meine Lippen auf die kalte Mundpartie der „A L I E N“-Skulptur presste… Allerdings hatte er da sein Foto längst schon geschossen (was ich aber nicht so richtig mitbekommen hatte, da soviele Menschen um uns herum latschten, und es auch nicht gerade leise war).

  • Das für mich persönlich wohl mit Abstand beeindruckendste movie prop, was ich je mit eigenen Augen erblicken durfte, sah ich, als ich im September 2006 für zwei ganze Tage (von morgens früh Eröffnung bis abends 18 Uhr Schliessung, unterbrochen nur von je einer etwa einstündigen Mittagspause) im Kunst Haus Wien weilte, um mir dort die Ausstellung „Giger in Wien“ (über die ich hier im thread demnächst nochmal ausführlicher berichten werde) anzuschauen. Ich hatte vorher gar nichts davon gewusst, aber als ich einen der Ausstellungs-Räume betrat, da lag er dort, ausgestellt in einer länglichen Glasvitrine - Der von Carlo Rambaldi erschaffene, originale „A L I E N“-Kopf, welcher bei den Dreharbeiten für Nahaufnahmen des Alien-Mauls und andere close ups zum Einsatz gekommen war! Aus seinem Hals ragten noch die Rohre und elektrischen Kabel, und die Kondome, welche die äusseren Schleimhäute und Muskelstränge der Mundpartie darstellten, waren im Laufe der seit den Dreharbeiten vergangenen Jahre längst schon verrottet. Der in die Kopf-Lamelle eingearbeitete Totenschädel, den man im Film kaum erkennen kann (was eigentlich ein Glück ist), war unter der durchscheinend-transparenten Oberfläche klar und deutlich sichtbar. Ich glaube, ich stand pro Tag eine halbe bis dreiviertel Stunde nur ungläubig und mit offenem Mund gebannt vor diesem / um dieses phänomenal grandiose Ausstellungs-Stück herum. Und selbst, wenn man mir die lebensgrossen, teilweise sogar funktionierenden Original-Raumschiff-Modelle des 2005er-„Battlestar Galactica“-remakes vor mich hinstellen würde, oder mir die Kostüme von Peter Weirs „Picnic At Hanging Rock“(immerhin mein absoluter Lieblingsfilm überhaupt) über Nacht in den Kleiderschrank hängen würde - Ich weiss, dass ich in meinem ganzen Leben keine bessere Film-Requisite mehr zu Gesicht bekommen werde…

Zugabe: Hans Ruedi Giger’s Waiting (Sucking Your Soul In)

„Dark Star - HR Gigers Welt“
(Belinda Sallin / 2014 / youtube-Video / Schwyzerdütsch mit englischen Untertiteln)

Das Kunst Haus Wien, von Friedensreich Hundertwasser entworfen und designed, ist von dem Moment an, da man es betritt, bereits ein Raum, welcher Eine:n an der eigenen Wahrnehmung zweifeln, das subjektive Realitätsempfinden ernsthaft in Frage stellen lässt. Die Böden der Flure und Treppenstufen uneben, kaum gerade Linien auffindbar, alles mit Mosaikkacheln in der typisch-bekannten Hundertwasser-(oft Primär)farbigen Knalligkeit besetzt… Man durchschreitet diese Gänge und Hallen im träge benebelten, verwirrend entrückten Gefühl, leicht schwankend und seltsam benommen unterwegs zu sein - beinahe so, als wäre man auf einem LSD-Trip, oder unter dem Einfluss anderer psychotroper Substanzen, irgendwelcher psychedelisch-halluzinogener Mittel. Bis man dann die Ausstellungsräume betritt. Und sich dort auf einen Schlag, unmittelbar direkt, und die:den Besucher:in beinahe schon anspringend, mit den finstersten und grauenhaftetesten Facetten der Realität konfrontiert sieht (¹). Wiewohl auch im Gewand einer surreal-zerrbildhaften, scheinbar direkt aus den allerschrecklichsten Alpträumen entstiegenen Welt von ineinander verwachsenen, sich auflösenden Körpern, die weder Mensch noch Maschine, sondern irgendwie Beides zugleich zu sein scheinen, die - auf eine erotisierend-aufgeladene, schrecklich-schöne Art und Weise uns in ihren Bann schlagen, uns im allergrössten Grauen ihre onyxisch-morbide, sinnlich-schauerhafte Anmut offenbaren, in all ihrer Entstelltheit, den Fratzen des Todes, den Totenschädel-Antlitzen, den bizarr-grotesken Sexakten, all dieser wimmelnd-schimmelnden Verschränkung von Lebenslust und Todesangst. Eine psychische Eklipse, voller dräuend-dämmernder Schemen von Tod und Zerstörung, von Koitus und Eroicus. Die Fragilität unserer Existenz, nicht nur als Individuen, sondern als menschliche Spezies überhaupt, all die mannigfaltigen Schrecken, die wir selbst in die Welt gesetzt haben, und die uns in den Stunden unseres tiefsten Schlafs wieder heimsuchen. Landschaften, Figuren, Erscheinungen, die wie es HR Gigers zweite Ehefrau (und jetztige Witwe) Carmen Maria Giger ausdrückte, den „Urgrund der Seele“ widerspiegeln. All das ist in Gigers Bildern, Zeichnungen, Skulpturen, Möbeln und Plastiken zu finden. Die nichts Anderem entstammen, als der grössten Angst von Allen: Der Angst vor dem Sterben, dem massenhaften Tod, der Mechanisierung unserer Selbst. All diesen Schrecken des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts, die Giger als Surrealist des Realen vielleicht besser und eindrücklicher als andere Künstler:Innen in seinem Werk heraufbeschworen und dadurch zu bannen versucht hat. Ein Werk, dessen ruhe- und rastloser Schöpfer wie ein Getriebener seiner eigenen Psychosen und Neurosen, immer und immer weitermachen musste, weil er nur so das ihn unterbewusst schier zu überwältigen drohende Grauen auf Abstand halten, es mit Spraydose, industriellen Stanz-Schablonen, Gussformen, Bleistift und Tusche fest- und damit von sich selbst (zumindest für einen kurzen Moment) fernhalten konnte. In Belinda Sallins eindringlich-facettenreicher Dokumentation lernt der:die Zuschauer:In nicht nur Giger selbst in seinem letzten Lebensjahr näher kennen, nein, man betritt gemeinsam mit der Filmcrew auch Gigers Wohnhaus - welches gleichzeitig sein Atelier, sein Archiv, sein Lebensmittelpunkt, das Zentrum (s)eines eigenen Parallel-Unversums ist, eines Kosmos der Ästhetik der Alpträume, der einer Art von erweiterter Ersatz-Familie, in der ehemalige und jetzt Lebensgefährtinnen, befreundete Künstler, Manager und Kuratoren hinter verhängten Fenstern und heruntergelassenen Jalousien im zwielichtigen Dämmer einer weder Tag noch Nacht seienden Zwischenzone als Archivare, Sekretäre / Sekretär:Innen, Assistent:Innen und Vermittler:Innen zwischen dem chaotisch-liebevollen Genie und der Aussenwelt, zwischen Gigers exzentrisch-seltsamer, höflich-sanfter und exaltiert-schräger Person und all den Museen, Journalist:Innen, Kurator:Innen, Ausstellungs-Macher:Innen und Mäzen:Innen agieren und fungieren. Wo schon mal ein Stanislav Grof kurz zu Besuch kommt, um gemeinsam mit dem Künstler den Cover-Entwurf für ein Buch über die psychoanalytische Deutung von dessen Kunst zu besprechen. Bei Selters und Gin Tonic, in gesellig-wuseliger Runde am Küchentisch in diesem geräumig-zugestellten Haus, das in seiner labyrinthischen Struktur, mit deckenhohen Bildern, Büchern über Büchern, regalweise Aktenordnern mit Geschäfts-Korrespondenz, Schubladen voller Litographien und Drucke, selbst schon ein unheimliches Eigenleben zu führen scheint, eher wie ein eigenes Kunstwerk anmutet, als ein Wohn- und Lebensraum. Stanislaf Grof, der in den 1950er und -60er Jahren als Psychiater LSD verwendete (noch so ein aus der Schweiz stammendes und dort erfundenes, den Urgrund der Seele offenbarendes Agens), um damit in modellhafter Anordnung Psychosen hervorzurufen (denn nichts Anderes als eine (mehr oder minder) veritable Psychose ist ein LSD-Trip ja), und zu erforschen. Der dann in Gigers Garten spazieren geht, dort die vom Maestro selbst entworfene und gebaute Geisterbahn inspiziert, und dabei über perinatale Geburts-Traumata (eines der Kernthemen von Gigers Arbeit, welches sich dann ja auch in prominenter Form und in vielerlei Facetten im „A L I E N“-Film wiederfinden sollte) und die Faszination des Künstlers mit dem Weiblichen doziert. Vermutlich ein ganz normaler Tag im Hause Giger. Für die Zuschauer:Innen aber der Blick in eine seltsame Alternativ-Welt, in der jemand ganz genauso lebt, wie er das möchte. Und vielleicht auch gar nicht anders kann. Eine Welt, in die ich zum letzten Mal im Jahre 1987 einen Blick geworfen habe. Meiner damaligen Kunstlehrerin sei Dank. Denn nicht nur liess sie uns während der Unterrichts-Stunden „Slime“ hören (was mich immer noch am Meisten verwundert, denn beispielsweise der Song „Linke Spiesser“ war ja ein Frontal-Angriff auf so ziemlich Alles, wofür ihre (68er-)Generation stand), und gestattete es mir, ein Referat über Tricktechnik im (ScFi- und Horror)Film zu halten, nein, sie zeigte uns auch diverse Genrefilme auf VHS - und eben auch eine Doku über Giger, welche anlässlich der damaligen TV-Erstausstrahlung von „A L I E N“ in 3Sat ausgestrahlt wurde (was wir zu der Zeit leider selbst nicht empfangen konnten). Und in der auch exakt ebenjenes Haus in Zürich, in welchem Giger damals schon lebte und arbeitete, besucht und erkundet wurde. Und, genauso wie fast 30 Jahre später, so ging der Künstler auch damals schon barfuß und im Morgenmantel in seine Werkstatt, legte sich die Utensilien zurecht, schloss die Spraypistole an, und begann - ohne irgendwelche Vorzeichungen oder dergleichen - einfach loszuarbeiten, und die Visualisierung seiner Alpträume ohne grosse Umschweife direkt auf die weisse Leinwand zu sprühen. 1000-mal „Danke!“, Frau Tiedemann! Sie waren doch die coolste Lehrerin…

Oliver Nöding, mein bis Ende 2019 (als er dann aufhörte) liebster Filmblogger, schrieb einmal über Dario Argentos „Opera“, dass, wer den Rabenflug (welchen er als den eindrucksvollsten Kameraeinsatz in Argentos œuvre bezeichnete) nicht im Kino gesehen habe, ihn dann letztlich gar nicht gesehen habe. Weil er dort eben nochmal ganz anders wirke, als in schnöder Heimkino-Wiedergabe. Nun, dasselbe gilt ja (allzu) oft für bildende Kunst ganz allgemein, in Gigers Fall aber nochmal im Besonderen: Wer Gigers Bilder nicht „in echt“ gesehen hat, die:der hat sie ebenfalls gar nicht gesehen. Punkt. I don’t give a fuck, if you believe me, or not: Isso. Und das bezieht sich beileibe nicht nur auf die Dimensionen (eines von Gigers bekanntesten Werken, „Li II“, in welchem er den abgetrennten leichenblassen Kopf seiner damaligen Lebensgefährtin und Muse Li Tobler nur wenige Wochen vor ihrem mit einer Pistole verübten Selbstmord in eine Art biologisch-mechanischem Schraubstock einspannte, samt glasig-toten Augen und verwesend-korrodierender Gesichtshaut, ist beispielsweise fast drei Meter hoch, und man kann - im Gegensatz zu den dazu beinahe farblos anmutenden Winz-Reproduktionen in Büchern, auf Postern oder Litographien), die Airbrush-Striche und Farbverläufe erkennen), sondern auch auf Gigers Stil des beinahe schon penibel-detailgenauen, manieristisch-exakten Realismus in Darstellung und Ausführung, und vor Allem auch auf die Farben seiner Bilder, ganz besonders auf dieses stellenweise sehr markante Weiss, das manche Partien darin beinahe schon von innen heraus leuchten lässt. Was all Denjenigen, welche Gigers Kunst nur aus den - beinahe ausschliesslich schlecht vervielfältigten - Büchern oder aus anderen Quellen kennen, und die beeindruckenden Originale noch nie mit eigenen Augen haben erblicken dürfen - leider fast völlig verborgen geblieben sein dürfte, oder, wenn es doch einmal einen Druck gab, der diesen Aspekt auch im Buch wenigstens ansatzweise aufscheinen liess (so wie in „NYC - New York City“ beispielsweise), es selbst dann nur ein überaus schwacher Abglanz der wahren Grandezza dieser inhärenten Lumineszenz und lebendig-plastischen Farbigkeit war. Auch die Abdrücke der Muster von Stanz-Schablonen aus der industriellen Massenproduktion, wie Giger sie in den 1980er Jahren verwendet, um damit bestimmte Bereiche von bereits fertiggestellten Szenerien zu übersprühen , lassen sich auf den Original-Gemälden weitaus besser wahrnehmen, als auf groben und vereinfachenden Reproduktionen.
Dabei lässt sich natürlich auch an den verkleinerten, farb- und leblosen Miniaturen der Werke immer noch bestens ablesen, was Gigers Themen waren: Die sowohl Faszination und Verheissung versprechende, als auch Versklavung und Vernichtung als mögliche Zukunft in Aussicht stellende industrielle Durchdringung der Welt durch unsere Spezies (Siehe unter Anderem „Totgebärmaschine“), die potentielle Massenauslöschung durch Atombomben (die „Victory“-Serie) und Umweltzerstörung („Chidher Grün“); die Angst vor dem Sterben und dem Tod, wenn sich menschliche Körper mit dämonisch anmutenden Auswüchsen, deren Haut eher aus korrodierendem Metall, denn aus Fleisch zu bestehen scheint, deren prallrunde feminine Formen und unnatürlich lange Beine, gigantische Phalli und weitgeöffnete Vulven sich in bizarren Liebesakten mit tödlich-kalten Maschinen umschlingen, und die ebenjene Liebesakte als (vergebliche) Flucht vor der endgültigen Gewissheit des eigenen Dahinscheiden-Müssens auszuüben scheinen, so, als könne der sexuelle Akt wie eine Bannformel oder koital-penetrative Beschwörung den Moment des Todes für einen wie auch immer kurzen Zeitraum verschieben, aber auch die Besessenheit für das Okkulte, das Abseitig-Dunkle, das Nekrophil-Verfallende, das Faszinosum von Knochen, Verwesung, blanken Schädeln, zähnefletschenden Dämonen, und von Krankheit, Siechtum und wuchernden Tumoren gezeichneten Wesenheiten, wie sie ein Dali oder Fuessli, ja, selbst ein Bosch oder Bacon nicht hätten ersinnen können. Sallins Film illuminiert anhand von Gigers Biographie noch einmal, was den Künstler dereinst dazu antrieb, solcherart unerhörten und vor Allem ungesehene Schrecken Form und Gestalt zu verleihen. Angefangen vom Vater, welcher als Apotheker von Medizinvertrieben echte Totenschädel als Geschenk erhielt, über das Motiv der und die Idee zur Geisterbahn, welcher Giger schon als Jugendlicher hatte bauen wollen, es zum Teil auch temporär schon tat, und die Alpträume, welche Grundlage der „Passagen“-Bilder waren, bis über das zeitgeschichtlich-soziale Klima der 1950er, -60er und -70er Jahre. Und was ihn dann sein Leben lang nicht mehr losliess, und bis fast ins hohe Alter noch weiterarbeiten liess. „Wenn Du krank bist, dann kann ich nicht schaffen, und wenn ich nicht schaffen kann, dann werd’ ich wahnsinnig!“, habe er ihr vorgeworfen, als sie einmal mit hohem Fieber danieder lag, so schildert es seine ehemalige Lebensgefährtin und erste (Kurzzeit-)Ehefrau Mia Bonzanigo. Auch Underground-Musiker, Extreme Metal-Bandleader (Celtic Frost, Triptykon), Assistent (und Nachlass-Verwalter) und persönlicher Freund Thomas Gabriel Fischer kommt zu Wort, und schildert noch einmal, wie er und seine damaligen Bandmitglieder Giger Mitte der 1980er einmal einen persönlichen Brief geschrieben hatten, um ihm um die Freigabe eines seiner Bilder („Satan I“) als Artwork für das Plattencover ihrer zweiten LP zu ersuchen. Und dann ganz erstaunt, beinahe schon devot dankbar gewesen seien, dass dieser nicht nur persönlich geantwortet habe, sondern seine Erlaubnis auch erteilt habe, und sogar Parallelen im künstlerischen Schaffen habe ausmachen können, wo quasi alle Anderen nur wilden, infernalisch lauten Krach gehört hätten. Etwas fremdschämhaft peinlich, zugleich aber auch menschlich zutiefst anrührend ist das dann schon, wenn der baumlange, auf der Bühne immer grimmig dreinblickende Fischer dann wie ein schüchterner Messdiener vor Giger steht, und ihm noch einmal verschämt-unterwürfig seinen unendlichen Dank gesteht, und dieser dann nur ganz lakonisch antwortet, sie seien jetzt doch Freunde geworden. Endeffektiv ist es wohl auch genau das, was Giger im Laufe der Jahre um sich herum geschaffen und etabliert hat, und was ihm (s)ein möglichst ungestörtes Weiterarbeiten, ohne sich mit den Niederungen des Kunstgeschäfts herumschlagen zu müssen, und sich dabei ganz auf sein künstlerisches Schaffen konzentrieren zu können, erst ermöglicht hat: Ein Patchwork-familien-haftes Netzwerk von Freunden und Freundinnen, von engen Vertrauten und nahen (Wahl-)Verwandten. Die zwar die von stapelweise Büchern nur so überquellende Badewanne mitten im Raum zwar gekonnt ignorieren können, und auch damit leben können, wenn sie dann und wann mal vom urplötzlich sich in irgendeiner Ecke des verwinkelt-verschachtelten, verrümpelt-vermüllten Gemäuers materialisierenden und sie anfauchenden Hauskater Müggi III erschreckt werden, die aber dann und wann doch die Läden öffnen, und Licht und Luft hereinlassen müssen, um vernünftig weiterarbeiten zu können. Während Giger selbst es vorzieht, auch weiterhin in den Schatten zu hausen, in denen er wortwörtlich sein halbes, wenn nicht sogar metaphorisch ganzes Leben verbracht hat.

Der Film wird vom nahenden Ende bestimmt - nicht nur seinem eigenen, sondern auch dem Ende Gigers selbst. Wen wir dort sehen, ist ein massiger, sich nur schwerfällig fortbewegender, bereits von mehreren Schlaganfällen gezeichneter älterer Mann mit weissem Haar, undeutlich-verwaschener Aussprache und oft mehr nach innen gekehrtem Blick. Der aber dann doch immer wieder dieses verschmitzt-spitzbübische Lächeln aufsetzt, der abends mit seiner Frau alte Horrorfilme im TV schaut, und sich beim Rasieren im Spiegel selbst erblickt, und darob sagt, er sei mit sich im Reinen, er glaube nicht an ein Leben nach dem Tode, und überhaupt habe er Alles gezeigt, was er habe zeigen wollen, und Alles gesagt, was er habe sagen wollen. Und der dann zusammen mit seiner Ehefrau inmitten all der hoch aufragenden Bilder, grausig-anmutigen Skulpturen und verstörend-betörenden Plastiken dieses von ihm selbst erschaffenen Schreckenskabinetts steht, und auf eine berührend-zärtliche Art auf all das blickt, so, als sei er selbst schon gar nicht mehr ganz da. Am gemeinsamen Abendessen seiner erweiterten Ersatzfamilie nimmt Hansruedi Giger, der Mann, der Zeit seines Lebens den Vorhang von all dem Grauen, das wir lieber verdrängt hätten, weggezogen, der seinen eigenen und unser aller kollektiven Alpträumen Form und Ausdruck verliehen hat, eine Weile lang fast teilnahmslos teil, bevor er sich dann, kaum merklich verabschiedet, um wieder in dem Haus zu verschwinden, das auch nur ein Teil seiner Selbst zu sein scheint, und vice versa. Wie all die unauflöslichen Verschränkungen von Leben und Tod, von Werden und Vergehen, von Begehren und Abscheu, in seinem Werk, auch Teil voneinander sind, und Eines ohne das Andere nicht sein kann.

Hansruedi Giger starb am 12. Mai 2014 im Alter vom 74 Jahren, in einem Spital in Zürich, nachdem er, als er sich daheim ein Stück Kuchen hatte holen wollen, auf der Treppe stürzte, und sich von den Folgen dieses Sturzes nicht mehr erholte.

Ich habe seine Bilder seitdem nur noch einmal gesehen, und auch nur wenige davon.

Aber manchmal, wenn ich nachts die Augen schliesse, sich meine Ratio Stück für Stück langsam verabschiedet, und ich in diese seltsame Zwischenwelt hinabgleite, in dieses obskure Dämmerlicht, diese düster-verschwommene Zone zwischen Leben und Tod, die wir „Schlaf“ nennen, dann sehe ich sie in meinen Träumen wieder vor mir. All diese Mutantenkinder, diese menschenfressenden weiblichen Dämonen, diese gigantischen Bombenmütter mit weit gespreizten Schenkeln, diese abstossend-anziehenden Kreaturen mit Phalli als Schädeln, mit Vulven als Mündern, mit sich im Säureregen zersetzendem Metall als Haut. Deren Glieder und Gliedmaßen sich in grotesk-perversen Sexualakten absurd verrenken und ineinander schieben, die miteinander verwachsen scheinen, ineinander zu fliessen und aufzugehen scheinen. Die in Maschinen und Apparaten eingeschlossen, gefangen, verschraubt sind. Die vielleicht selbst schon mehr Maschine, als überhaupt noch Mensch sind. All diese end- und lichtlosen Abgründe, unheimlich lebendig wirkenden Fabrikationen, orgienhaften Manifestationen.

Doch statt schreiend aufzuschrecken, umarme ich sie wie eine:n lange verlorene:n, aber immer noch vertraute:n Geliebte:n, presse meine Lippen auf ihre steril-kalten Metallmünder, und wir lieben einander im schummrig-vergänglichen Zwielicht einer nie stattgefundenen Apokalypse.

Solange, bis ich wieder erwache.

In dieser seltsamen, fremden Realität, namens „Leben“.


(¹): Nur, um etwaige Missverständnisse auszuräumen, und allerlei möglichen Enttäuschungen vorzubeugen: Auch wenn ich oben im Präsens geschrieben habe, so fand die Ausstellung „Giger im Wien“ doch bereits von Ende Mai bis Anfang Oktober 2006 im Kunst Haus Wien statt. Und folglich sind dort zur Zeit eben auch keinerlei Gemälde, Zeichnungen, Skulpturen und Plastiken des rastlos-umtriebigen Schweizer Surrealisten zu bewundern. Aber wenn Ihr mal in Wien sein solltet, dann schaut da ruhig trotzdem mal vorbei… alleine des Hauses an sich und seiner abgefahren-absgeschrägten Architektur wegen lohnt sich der Besuch schon.

„Alien“ ist auch für mich ein wahres Meisterwerk. Kaum zu glauben, dass der Kinofilm schon gegen Ende der 70er Jahre entstanden ist. Unglaublich viel kreative Energie und technische Innovationen sind in „Alien“ eingeflossen und das alles ohne CGI. Allein das biomechanische Alien Design von H.R. Giger ist unverwechselbar und hat das Wesen des Aliens zu einer ikonischen Kreatur gemacht. Die Verwendung von Puppen, Animatronics und praktischen Effekten für das Alien und die Szenen wie den Chestburster waren bahnbrechend für die damalige Zeit. Aber vor allem muss man auch Sigourney Weaver viel deutlicher erwähnen, die maßgeblich am Erfolg von „Alien“ beteiligt gewesen ist. Sie verkörpert Ripley als harte und selbstbewusste Frau par excellence. Sie nimmt mit einem Flammenwerfer und fetter Wumme bewaffnet den Kampf gegen den auf den ersten Blick überlegenen Xenomorph und seine Brut auf. Eine so starke weibliche Hauptfigur bzw. Heldin wie in „Alien“, die ums nackte Überleben kämpft, gab es in der Intensität vorher nie in Filmen zu bestaunen. Sigourney Weavers Rolle der Ripley war revolutionär. Eine starke, unabhängige Frau in einer führenden Hauptrolle im SciFi Horror Action Genre, das war zu jener Zeit völlig neu. Zumindest was Hollywood betrifft. In Japan gab es starke weibliche Protagonistinnen schon ca. 10 Jahre vorher in harten Yakuza, Samurai oder Pinky Violence Filmen zu bewundern. Aber zurück zu „Alien“, auch die Umsetzung des Alien Stoffes durch Ridley Scott ist absolut fantastisch. Scott setzt auf eine dichte, klaustrophobische Atmosphäre. Der Film baut Spannung durch dunkle, enge Räume und eher durch das Nichtzeigen des Monsters auf, was die Angst vor dem Unbekannten verstärkt. Gewisse Elemente des Spannungsaufbaus von „Alien“ erinnern mich definitiv an den Klassiker und Meisterwerk „Jaws“ von Spielberg, der einige Jahre vorher erschienen ist. Die Kinematografie der Kinofassung ist absolut genial. Dort stimmt wirklich alles. Scott verbindet perfekt Elemente aus SciFi mit Horror, schafft eine düstere Zukunftsvision mit tiefgreifender Horroratmosphäre. So etwas hat es in der Form und Intensität vorher nie gegeben. „Alien“ ist für mich ein absolutes Meisterwerk. Ein markanter Meilenstein im SciFi Horror Genre, der Filmgeschichte geschrieben hat.

1 „Gefällt mir“

So - Text zum (bereits im Anschluss an den ersten „A L I E N“ in der Nacht von Samstag auf Sonntag gesehenen) „Bonus-Film“ ist fertig - bei Interesse siehe hier (<— Link / Klick’ mich!). Die Sichtung des für mich mit Abstand problematischsten (jetzt nicht von der herausragend-großartigen Inszenierung her, wohl aber, was die inhaltlich-symbolische Ebene und die vom Narrativ transportierte Ideologie anbelangt) Films der ganzen Reihe, nämlich James Camerons „A L I E N S“, wird dann irgendwann am Wochenende erfolgen. So richtig Bock drauf hab’ ich grad’ zwar nicht, aber wird schon noch werden. Werde mich danach möglichst zeitnah wieder hier zu Wort melden. Euch Allen noch 'ne schöne Woche, and keep cool, even in the sun.

Dann komme ich dir ausnahmsweise mal zuvor, bis zum Wochenende dauert es noch einige Zeit. Zu „Aliens“ von Cameron…

Mir hat „Aliens“ von Cameron sehr gut gefallen. Beide Filme sind Klassiker ihres Genres, unterscheiden sich aber deutlich in Tonfall und Schwerpunkt. „Aliens“ ist stärker auf Action und Militär fixiert und besitzt auf gewisser Ebene mehr Dynamik, setzt auf Teamarbeit und die Bedrohung, mengenmäßig betrachtet, ist größer, da man mit einer Vielzahl an Aliens konfrontiert wird. Der Film wirkt auch epischer, die Kämpfe gegen die Aliens an unterschiedlichen Orten sind sehr gut in Szene gesetzt. Im Sequel geht die dunkle und klaustrophobische Atmosphäre, die „Alien“ auszeichnet, nicht verloren, sie kommt auch in Camerons Werk stark zur Geltung. Zumindest stellenweise. Was mir an „Aliens“ aber ganz besonders gut gefällt, ist die erweiterte Charakterentwicklung von Ripley. In „Alien“ ist Ripley ein Crewmitglied, das versucht, die Situation zu überleben. Ihre Figur ist weniger emotional, mehr rational und agiert stoisch und funktional. Ihr Ziel ist primär das Überleben. Es gibt kaum Hinweise auf ihre Vergangenheit oder innere Konflikte. Ripleys Figur in „Aliens“ ist dagegen wesentlich komplexer, da sie nun mit den traumatischen Ereignissen des ersten Films kämpft. Ihre Angst, Schuldgefühle und der Verlust ihrer Crew werden deutlich. Sie ist emotional vielschichtiger und zeigt auch Anzeichen von posttraumatischen Belastungsstörungen. Außerdem ist Ripley nicht mehr nur Überlebende und Kämpferin, sondern auch Beschützerin und Mutterfigur. Das offenbart sich ganz besonders in der engen Beziehung zu Newt. Ripley würde ihr Leben für Newt opfern, um sie zu retten. Mir haben diese Aspekte in „Aliens“ außerordentlich gut gefallen. Alles in allem werden in „Aliens“ emotionale Konflikte der Protagonistin Ripley sichtbar, ihre Angst vor den Aliens, ihre Sorge um Newt, ihr Kampf mit ihrer Vergangenheit und ihrem Trauma. Diese Konflikte machen sie nun menschlicher und vielschichtiger. Sie zeigt nach wie vor Mut und Entschlossenheit aber auch Verletzlichkeit. Ihre Führungsqualitäten kommen ebenfalls stärker zum Ausdruck, sie übernimmt mehr Verantwortung für andere. Für mich ist „Aliens“ von Cameron ein absolut würdiges Sequel und ebenfalls ein Meisterwerk.