Music Matters - Filmmusik und Musik in Filmen

Da wir an anderer Stelle auf Musik in Filmen zu sprechen kamen, nötige ich euch jetzt mal einen eigenen Thread zu dem Thema auf und finde ja vielleicht Gleichgesinnte, die der Musik einen ähnlich hohen Stellenwert bei der Filmbetrachtung beimessen, wie ich das für gewöhnlich tue.

@todi Wärst du vielleicht so freundlich die Posts dazu aus dem Super Dark Times - SPOILER Thread hierher zu verschieben?

Und da sind wir bei dem was ich mit sofort erkennbare Lieder meinte bzw. darüber hinaus eigentlich auch noch „Assoziationen, die mit man mit einem Jahrzehnt hat“. Beide Songs sind für mich tief verwurzelt mit dem Gefühl „80er“ und wenn dein Umfeld die Songs im Jahr 1989 vielleicht nicht mehr gehört hat, muss das a) noch nicht gleich bezeichnend für den Rest der Menschheit in der Welt von Atomic Blonde sein und b) wäre meine Gegenfrage: welche passenden Songs direkt aus dem Jahr 1989 hättest du in den Film gepackt?

Blöderweise gibt es als Gegenargument für solche Kritik natürlich auch noch praktische Umstände aus dem echten Leben:
http://www.businessinsider.de/atomic-blonde-1980-soundtrack-2017-7?r=US&IR=T

Auch enthalten war übrigens „Blue Monday 88“ :wink:

Auch, wenn wir hier mittlerweile meilenweit off-topic unterwegs sind und das Thema deshalb vielleicht lieber ruhen lassen sollten: „Blue Monday 88“ habe ich in meiner Kritik zur Fehl-Verortung ja nicht genannt, warum auch? Das wurde 1988 veröffentlicht und passt damit ja. Mir geht es explizit um „Major Tom“ und „99 Luftballons“. Diese Songs sind von 1982/83, der Film spielt aber 1989 - und da war NDW nun mal SO was von tot. In Berlin - modern, aktuell, trendgetrieben - hat definitiv kein junger Mensch, der irgendwas auf sich gehalten hat, solche alten Kamellen noch gehört. Zudem werden diese Songs, wenn ich mich richtig erinnere, im Film auch noch in „angesagten“ Clubs gespielt, und damit ist es dann endgültig unglaubwürdig (wobei ich mich da im Detail auch irren kann).

Klar stehen diese Songs für „die 80er“, aber ATOMIC BLONDE spielt nun mal konkret 1989 (und hier hat das exakte Jahr ja auch eine entscheidende Rolle). Und das meine ich dann eben mit „mies recherchiert“, oder vermutlich eher, einer reinen Marketing-Entscheidung: Das sind eben zwei deutsche Songs, die auch in den USA jeder kennt und die Hollywood mit „Deutschland in jener Zeit“ verbindet. Nur, dass sie da nun mal falsch liegen, die Songs waren 1989 komplett überholt. Generell war deutschsprachige Musik in Deutschland am Ende der 80er vollkommen out. Wenn du mir nicht glaubst, frag wikipedia :wink:

Apropos: Bei Interesse an potentiell passenderen Songs kann man z.B. hier nachlesen:

Ja, vermutlich wäre die Diskussion am ehesten noch im Super Dark Times Thread passend, denn, immerhin gehst du in gut einem Drittel deines Reviews zu dem Film auf die Zeit ein, selbst wegen der Pressetexte dazu erscheint mir das als sehr viel.

In Kürze:

  • weder Major Tom noch 99 Luftballons werden im Film in einem (angesagten) Club gespielt https://www.tunefind.com/movie/atomic-blonde-2017

  • Filme, selbst wenn sie zeitlich relativ genau verortet sind, müssen keine Zeitzeugen sein. Wenn der definitive Song des Jahres 1989 etwa am 10.11. erschienen wäre und die Story spielt ein paar Tage davor, lässt man ihn dann weg? Sollte ein Film der im Jahr 2017 spielt nur Lieder aus diesem Jahr beinhalten weil die sind aus 2011 keiner mehr hört?

  • Ich wollte bewusst deine passenderen Songs wissen und keine Wikipedia Liste, da du die Auswahl ja recht egozentrisch als “schlecht” abtust bzw. als “mies recherchiert”, was implizieren würde, dass du die genaue Intention der Macher in puncto Filmmusik kennst. Lese ich aber vielleicht auch härter bei dir, als es gemeint war?

Dass die Soundwelt von Atomic Blonde übrigens bewusst mit der Realität spielt und damit noch weniger “zeitlich akkurate” Songs braucht, macht der Wechsel zwischen diegetischem und nicht diegetischem Musikeinsatz ziemlich deutlich, finde ich.

Echt? Schon wieder „Putting Out The Fire“ von Bowie (INGLORIOUS BASTERDS) und schon wieder „London Calling“ von The Clash (Aardman’s THE PIRATES!, ist außerdem nicht mal aus den 80ern.)?

Denen fällt auch nichts mehr ein, als sich einen „Fetenhits“-Sampler zu kaufen, um nachzuschauen, was damals so angesagt war…

ah, o.k. Naja. Besonders originell ist es trotzdem nicht. Dann hätte ich halt zur Abwechslung mal was von Wire genommen.

…und wenn ich jetzt noch einmal “I Fought The Law” hören muss, sobald sich mal jemand abseits von Recht und Ordnung bewegt…

Basterds ist inzwischen 8 Jahre alt, das ist dir klar, oder?

Und „putting out the fire with gasoline“ war in Basterds nicht mit dem Holzhammer?

Was ich übrigens nicht per se verwerflich finde. Manchmal darf der Song gerne textlich das was man sieht untermalen. Bei Basterds war er bspw. etwas wortwörtlicher als in Atomic Blonde.

Darf ich meine Reviews weiterhin inhaltlich so gewichten, wie mir das als richtig erscheint, oder soll ich sie dir in Zukunft vorher zur Freigabe vorlegen? :wink: Ich bin – bestimmt nicht als Einziger – mit der Erwartung in SUPER DARK TIMES gegangen, einen explizit in den 90ern verhafteten Film zu sehen zu bekommen, und diese Erwartung wurde nicht erfüllt. Wie erwähnt spielt es für meine Bewertung des Films zwar keine Rolle, ob er nun ein „90er-Film“ ist oder nicht, aber ich war überrascht oder sogar irritiert, und darum schien es mir direkt nach der Sichtung relevant, darauf hinzuweisen. Falls es dich wirklich interessieren sollte: Aller Voraussicht nach kannst du in der nächsten DEADLINE ein ausführlicheres Review zum Film von mir lesen – dann geschrieben nach einer Zweitsichtung und etwas mehr Zeit, das Filmgeschehen sacken zu lassen und für mich zu analysieren. Sehr gut möglich, dass das Thema „zeitliche Verortung“ dann überhaupt keine Rolle mehr für mich spielt. Nach der Erstsichtung war das aber nun mal in einer bestimmten Hinsicht der Fall.

Zu ATOMIC BLONDE – den ich persönlich übrigens alles andere als besonders beeindruckend und darum auch nicht großartig diskussionswürdig finde, weshalb wir das Thema meinetwegen auch wirklich bald beenden können –: Der Film spielt nicht „in den 80ern“, er spielt 1989. Die spezifischen Geschehnisse dieses Jahres sind ja Anlass für und Thema der gesamten Handlung des Films – der Zusammenbruch einer alten Ordnung, der Aufbruch in ein neues Zeitalter. Und dies nun ausgerechnet mit Songs aus einer längst vergangenen Zeit zu unterlegen… nun gut, das kann man natürlich auch als inhaltliches Statement werten, allerdings gibt mir der Film keinerlei Anlass, dies so zu sehen. Weshalb ich nach wie vor der Meinung bin, dass es sich bei der Auswahl der genannten beiden Songs entweder um die Folge von „mieser Recherche“ oder eine Marketingentscheidung gehandelt hat.

Denn ATOMIC BLONDE positioniert sich ja selbst eben durchaus als „Zeitzeuge“, wie du das formulierst. Im Film werden mehrfach Nachrichtenschnipsel eingeblendet, die das Geschehen zeitlich exakt verorten und – neben der Kernhandlung – auf die Relevanz exakt dieser Verortung hinweisen. Wo genau siehst du eine inhaltliche Begründung dafür, dies dann mit veralteter Musik zu konterkarieren – zumal ja nicht die gesamte Musik im Soundtrack hier zeitlich überholt ist, sondern nur (?) die beiden „klischeehaft deutschen“ Songs…? Tut mir leid, mir fehlen die Argumente, um dies zu glauben. Dass

, ist mir nicht aufgefallen, und auch hierfür sehe ich keinen Grund. Selbst, wenn es so ist und es einen Grund dafür gibt – und damit möchte ich auch auf dein

antworten: Falls die gewünschte Aussage nicht so beim Zuschauer ankommt, ist die Intention der Macher relativ belanglos, denn dann haben sie ihren Job ganz offensichtlich nicht gut genug gemacht.

Für mich will ATOMIC BLONDE kein Film über „die 80er“ sein, sondern einer über 1989. Falls er anders gemeint ist (was ich nicht glaube, da ich im Filmtext selbst keine Hinweise darauf entdecken kann), gelingt es ihm nicht, das auch zu transportieren – zumindest nicht ohne „Gebrauchsanleitung“ (Interviews u.Ä.), und eine solche sollte zumindest ein Mainstream-Film wohl eher nicht benötigen.

Wo genau du in meiner Ausführung eine „egozentrische“ Sichtweise siehst, ist mir nicht ganz klar, aber es bleibt dir natürlich unbenommen, das so zu sehen. Ich bewerte Filme aus meiner eigenen Perspektive und schreibe (auch) darüber, was sie für mich persönlich bedeuten. Egozentrisch? Hm. Was meine „passenderen“ Songs wären, ist aber reichlich irrelevant, denn weder schreibe ich einen Film über 1989 noch ist die von mir damals gehörte Musik repräsentativ für irgendjemanden außer mich selbst. Wenn man aber als Macher schon ausschließlich auf Superhits setzt und zum Beispiel ja „Blue Monday 88“ verwendet, warum dann nicht auch Songs aus der von mir verlinkten Liste. Die „passen“ ja erwiesenermaßen zur Handlungszeit. Verstehe aber vielleicht auch deine Frage nicht richtig. Von den aufgeführten Songs wären vermutlich „Pump up the Jam“ oder „Funky Cold Medina“ diejenigen, die ich am eindeutigsten mit jener Zeit verbinde. Auch, wenn ich sie beide furchtbar finde :wink:

Ja. aber Tarantino hat den Song nun mal als erster (wieder)entdeckt und damit ist es „sein“ Song. Das ist so wie mit dem Mond. :grin:

Klar. Aber damals war’s noch originell. Zumal da der Reiz ja auch daraus entstand, dass der Film in den Vierzigern spielt, der Soundtrack aber aus allen möglichen Jahrzehnten zusammenwürfelt war.

Aber ich glaube, das wird gerade sehr off-topic. Eigener Thread?

Auf gar keinen Fall :stuck_out_tongue:

Das mit der miesen Recherche lass ich einfach nicht zu. Es gibt extra diesen music clearance consultant oder wie man ihn auch nennen will, der ja in dem verlinkten Interview auf die Details zur Musikauswahl eingeht.

Meine Bitte wäre, dass du bei einer Zweitsichtung mal mehr auf die Musik achtest und zwar in puncto:

  • welcher Song spielt zu welchem Anlass (99 Luftballons etwa beide Male in Todesszenen)
  • ist die Musik diegetisch oder nicht und wie wird der Wechsel davon benutzt
  • es ist eine Geschichte die aus der Sicht von Charlize Therons Figur erzählt wird. Ist die Musik vielleicht Teil ihrer Erinnerung an die Ereignisse und läuft in ihrem Kopf dazu ab?

Edit: Hatte den Beitrag zu früh abgeschickt, weil auf Handy getippt und mich daher erst mal kurz gefasst jetzt. Wollte noch mehr schreiben.

Ich mache später mal nen eigenen Thread für solche Diskussionen auf. Hab schon ne Idee für den Namen dazu.

Das mit der Zweitsichtung und dm Review bezog sich auf SUPER DARK TIMES, nicht auf ATOMIC BLONDE. Letzteren fand ich, wie erwähnt, nicht berauschend und plane darum nicht, ihn mir so schnell noch einmal anzusehen.

Aber ganz kurz und bündig noch mal dazu: Wenn ich ein Interview lesen und das Wechselspiel von diegetischer und non-diegetischer Musik wahrnehmen muss, um einen Film bzw. seine Elemente so zu verstehen, wie die Macher das wollten… nee, sorry, dann ist der Film in dieser Hinsicht einfach nicht gelungen.

Ich habe das mal eben getan und hoffe, den richtigen Anfangspunkt dafür gefunden zu haben. War wegen der Vermischung mit dem SUPER DARK TIMES-Thema nicht ganz einfach :wink:

Kann mir jemand sagen von welcher Band der track “Bright Lights Big City” (Take What You Need(Want?)) aus dem Film “FASHIONISTA” ist ? Da gibts unter diesem Titel endlos viel zur Auswahl… Danke!

Wenn wir gerade bei Musikfragen sind, kann jemand den Song im Abspann von Tragedy Girls benennen?

Der Song heisst „Only getting younger“ und ist von Elliphant (feat. Skrillex) - siehe auch den Videoclip hier auf youtube.

Hach - da möchte ich doch gleich schon wieder am Liebsten nochmal den ganzen Film sehen… :heart_eyes:

Hatte ich verstanden, allerdings gehofft, dass du letzteren auch noch mal guckst.

Das Interview musst du nicht lesen, es sollte dir nur deutlich machen, dass dein Vorwurf des miesen Recherchierens schlichtweg falsch ist. Das Wechselspiel wahrnehmen musst du auch nicht aber ich bin eigentlich der Meinung, dass jeder Zuschauer, das subjektiv wahrnimmt. Das sind abgehobene Begriffe, heißen aber letzten Endes nur „Musik kommt aus einer Quelle im Bild“ und „Musik kommt aus dem Off“ (lesenswert: http://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/Main/DiegeticSwitch).

Ich halte es zum Beispiel schon für auffällig, wenn ein Lied über eine Szene im Off gespielt wird (Treppenhausszene) und dann nahtlos im Radio des geklauten Autos auf der Straße draußen weiterläuft. Das ist einfach kein Zufall und verdient Beachtung zum Verständnis/zur Einordnung des Gezeigten.

Durch die Diskussion über die Musik wird mir hier vieles noch bewusster, weshalb ich ihn zumindest für meine Wahrnehmung erst recht diskussionswürdig finde.

Dazu wieder mein Hinweis von oben, sich mal bewusst zu machen wer uns diese Story im Film eigentlich erzählt und auf welche Art und Weise. Natürlich sind die Ereignisse des Jahres Anlass und Thema der Handlung aber das tatsächliche Geschehen ist frei erfunden „hinter den Kulissen“ positioniert. Und hier wieder auch die Frage von mir, ob der Film also nur mit Liedern aus dem Jahr 1989 seine Geschichte erzählen darf/sollte?

Denn wie der Dr. zu Inglourious Basterds schreibt, kann eine nicht zeitgenössiche Mischung auch genau den Reiz eines Films ausmachen:

Dem stimme ich sowohl für Inglourios Basterds als auch für Atomic Blonde zu. Letzterer hat übrigens etwa auch zwei 80er Cover-Songs zu bieten, die in diesem Jahrzehnt entstanden sind.

Für die Aussage „beim Zuschauer (allgemein)“ bräuchten wir hier natürlich weitere Stimmen, aber zumindest bei einem Zuschauer nicht, ja :smile:

Vielleicht zu hart formuliert, aber für mich implizierst du das etwas, wenn du jemandem „miese Recherche“ unterstellst, obwohl du nicht mit 100%-iger bestreiten kannst, dass die Auswahl etwa zu 80% gewollt und zu 20% dem Budget geschuldet ist (Prozent-Verteilung frei nach Pareto-Prinzip).

Passend sind sie aber leider nicht allein dadurch, dass sie aus dem Jahr stammen, schließlich ist der Film keine Dokumentation sondern Kunst, wie - wenn auch im noch so kleinsten Kern - eigentlich jeder Film, und Atomic Blonde macht als Film schnell klar, dass Ästhetik bei ihm eine große Rolle spielt und das auch unter dem Motto style as substance (nicht bloß style over substance).

„Pump up the Jam“ würde für meinen Geschmack höchstens diegetisch in den Film passen und nicht als allumfassender Sound. „Funky Cold Medina“ auch höchstens diegetisch etwa wie „Fight the Power“ in der Breakdance Szene. Welcher aus deiner Liste allerdings ziemlich genial gepasst hätte und das auch nicht diegetisch, wäre denke ich der „In The Air Tonight '88 Remix“ von Phil Collins, zumindest Auszüge daraus.

Es gibt solche Songs, bei denen ich dir da zustimmen würde: „Pixies - Where Is My Mind?“ ist so einer. Das ist und bleibt Fight Club, auch wenn der Einsatz in Horns, den ich kürzlich gesehen habe, ganz nett war. So genial Cat People in Inglourious Basterds auch wahr, musste ich tatsächlich während Atomic Blonde nicht daran denken, und man merkt vielleicht wie Musik-affin ich denke :grin:

@die_Lachsschaumspeise: Super, besten Dank!

Ich muss mich aus dieser Diskussion erst mal ein paar Tage ausklinken, mitten im Festival habe ich einfach nicht (mehr) die Zeit und den Nerv für ausschweifende Erklärungen.

Nur eins noch:

Du willst mir nicht gerade wirklich erklären, was diegetischer und non-diegetischer Ton sind – vor allem nicht, nachdem ich die Begriffe in meinem vorherigen Beitrag selbst gerade verwendet habe … oder? :wink:

Bis demnächst.

Kein Ding, Frank hatte das auch schon angedeutet, dass du an anderer Stelle viel aufm Zettel hast.

Du meintest, du willst das nicht wahrnehmen müssen, daher dachte ich du greifst nur diese von mir eingebrachten Begriffe auf. Las sich zwischen den Zeilen so abschätzig erwähnt, dass ich dachte die einfachen Begriffe wären nötig. Hab ich dann falsch aufgenommen.