Hohohoo! Ich scheine zwar hier der einzige zu sein, der noch Weihnachtsgenrefilme schaut (und darüber berichtet), aber vielleicht kann ich ja dem einen oder der anderen ein wenig Festtagsstimmung nach Hause bringen. Zum Beispiel hiermit:
SOLE SURVIVOR
Denise, die wie durch ein Wunder einzige Überlebende eines Flugzeugabsturzes, wird von unheimlich teilnahmslos wirkenden Menschen heimgesucht, die ihr nach dem Leben trachten. Was klingt wie ein Ripoff von FINAL DESTINATION und IT FOLLOWS, ist in Wirklichkeit so etwas wie ihr Vorgänger. Das Regiedebut von Thom Eberhardt aus dem Jahr 1984 ist ein ungewöhnlicher und daher wohl auch weitgehend unbeachtet gebliebener, aber durchaus stimmungsvoller Gruselfilm. Er verfügt weder über besondere Spannungs- oder Goreszenen, der Bodycount hält sich in Grenzen und obwohl es einige lebende Tote gibt, kann man hier nicht wirklich von einem Zombiefilm sprechen. Es ist vielmehr die eisige Atmosphäre (SOLE SURVIVOR ist vielleicht der unterkühlteste „Weihnachtsfilm“ aller Zeiten) und die Unausweichlichkeit des Todes, die den Film besonders machen. Ein kleiner, leiser Geheimtipp.
In Deutschland als NUR TOTE ÜBERLEBEN auf DVD erschienen.
36.15 CODE PÈRE NOËL (DEADLY GAMES / GAME OVER / DIAL CODE SANTA CLAUS)
Ein kleiner Junge, der offenbar zu viele Stallone-Filme gesehen hat und sich im Fallenstellen bestens auskennt, nimmt es mit einem als Weihnachtsmann verkleideten Psychopathen auf, der ihn mit einem Tortenheber bewaffnet durch ein riesiges Anwesen jagt. Die Franzosen haben das Konzept von HOME ALONE in der Hardcorevariante umgesetzt und aus Chris Columbus’ harmlosem Familienspaß einen waschechten Exploitationreißer gemacht – könnte man meinen. Doch 36.15 entstand ein Jahr vor HOME ALONE! René Manzor, der vorher u. a. Musikvideos und das esoterische Alain Delon Drama LE PASSAGE inszenierte, stand dann wohl auch kurz vor einer Plagiatsklage gegen die „Kevin“-Macher, doch sein Film ist so kurios, dass er außer der Bastelbegeisterung seines Protagonisten kaum mit einer Hollywoodkomödie verwechselt werden kann. Patrick Floersheim gibt einen wirklich furchteinflößenden Psycho Santa, bei dem man von Anfang an pädophile Motive vermutet, dessen wahre Motivation aber irgendwie noch unheimlicher ist. Das Gebäude, in dem lediglich ein bettlägeriger Opa, ein kleines Kind und seine massiv berufstätige Mutter wohnen, gleicht einem Palast und verfügt zudem über Geheimgänge, Labyrinthe und Falltüren. Der Junge scheint nicht nur sämtliche Spielsachen der Welt zu besitzen, sondern auch unbegrenzten Zugang zu Sprengstoffen aller Art zu haben. Und bei dem extrem unglaubwürdigen Drehbuch hat König Zufall wohl die Hauptarbeit gemacht. Dazu singt Bonnie Tyler ein Weihnachtslied. Bizarr, ja, gut, nein.
In Deutschland als STILLE NACHT TÖDLICHE NACHT erhältlich, alternativ auf Facebook (!) in der Omeu.
LE CALENDRIER / THE ADVENT CALENDAR
Die gehbehinderte Eva bekommt von ihrer Freundin einen alten deutschen Adventskalender („vom Münchner Weihnachtsmarkt“) geschenkt, der sehr persönliche Überraschungen für sie bereithält… Nach all den psychopathischen Weihnachtsmännern ist das doch endlich mal ein einfallsreiches Konzept für einen Festtagshorrorfilm! Der germanische Kastenkalender mit seiner nächtlichen Botschaft „Es ist Mitternacht! Du musst jetzt öffnen!“ ist eine Mischung aus HELLRAISER-Würfel und WISHMASTER-Orakel und seine Handhabung ähnlich konsequent: Wünsche erfüllen sich, aber es müssen eben auch Opfer gebracht werden. Filmisch ist das solide umgesetzt, in den wenigen Makeup- und FX-Szenen wird zwar das geringe Budget sichtbar und so richtig überraschend ist die Entwicklung der Geschichte nicht, aber hier ist die Atmosphäre Trumpf und da man für die Personen hier deutlich mehr empfindet als für das Personal des handelsüblichen Santa-Slashers, ist LE CALENDRIER eine willkommene Abwechslung im Subgenre des Holiday-Horrors.
Bei amazon Prime im Stream.