Lieber zu spät als niemals ist ein gutes Stichwort. Obwohl ein großer TWIN PEAKS Fan, habe ich mir die UK-Bluray-Box erst im Herbsz diesen Jahres geholt, zum einen, weil ich darauf spekuliert hatte, die Serie vielleicht noch bei einem Streaming-Anbieter zu sehen, zum anderen, weil ich aufgrund der diversen Reviews nicht sicher war, ob mir die dritte Staffel tatsächlich gefallen würde.
Staffel 1 habe ich damals mit Freunden ganz oldschool „live“ im deutschen Fernsehen bei RTL Plus verfolgt, komplett mit Kaffee, Kirschkuchen und dem ganzen Hype. Nachdem dieser vorbei war, wurden meines Wissens die Folgen der zweiten Staffel nur noch teilweise und auf anderen Sendern und Sendeplätzen versendet.
Die kompletten zwei Staffeln im Original und in der korrekten Reihenfolge habe ich daher erst nach Erscheinen der „Definitive Gold Box Edition“ gesehen, die ja inzwischen auch schon überholt ist.
Die Erinnerung an TWIN PEAKS war daher zwar noch etwas frischer, jedoch musste ich mir doch nochmal einiges anlesen, was zuletzt mit den Charakteren passiert war. Hier ist die Fandom-Seite zur Serie sehr hilfreich:
Von daher Chapeau an @meiklsan, mit der dritten Staffel in die Serie zu starten. Vielleicht ist so ein „clean start“ tatsächlich ziemlich clever. Und es ist bestimmt ein Gewinn, die dritte nach den ersten beiden nochmal zu sehen.
Meine Befürchtungen die Serie betreffend haben sich letztlich zerstreut, auch wenn Lynch gekonnt alle Erwartungen der Fans (und damit auch meine) komplett und sicherlich auch bewusst unterlaufen hat. TWIN PEAKS THE RETURN hat deutlich mehr mit Lynchs letztem Filmexperiment INLAND EMPIRE gemein als mit der Originalserie. Als Lynch-Fan ist mir das nicht unrecht, wer hier jedoch das kuschelig-skurrile Ausnahme-TV der 90er erwartet, wird ziemlich schnell wieder aussteigen.
Allein die Tatsache, dass Lynch den Helden der Serie, Dale Cooper, so gut wie gar nicht als den beliebten coolen Ermittler auftreten lässt, sondern nur in Form seiner Doppelgänger, und Coop so wahlweise tiefböse (eindrucksvoll!) oder zurückgeblieben (nervig!) agieren lässt, ist ein massiver Bruch mit dem TWIN PEAKS, das wir kennen und lieben gelernt haben. Das neue TWIN PEAKS ist wie ein Geflecht aus einzelnen Fäden, die in den Vorgängerstaffeln einen zwar häufig zerfaserten aber noch einigermaßen soliden Teppich gebildet hatten.
Höhepunkt der Serie ist mit Sicherheit die Episode 8, was hier – im Rahmen einer (Kabel-)Fernsehserie! – passiert, ist das Großartigste und Unglaublichste, das ich je in einer TV-Serie sehen durfte und zu dem mir auch keinerlei Vergleiche einfallen, außer vielleicht Terrence Malicks Erschaffung des Universums in TREE OF LIFE. Es gibt außerdem wohl kaum eine Serie, die so konsequent Musikperformances in voller Länge zeigen, u. a. von Nine Inch Nails, Chromatics, Julee Cruise und Eddie Vedder. Und das Ende der Staffel schafft natürlich erneut mehr Fragen als Antworten.
Zwei Empfehlungen für alle neuen und alten Fans der Serie:
Die Bücher von Mark Frost bringen etwas Licht ins Dunkel der Charaktere. „Die geheime Geschichte von Twin Peaks“ behandelt die 25 Jahre zwischen Staffel 2 und 3. „The Final Dossier“ bündelt die Untersuchungsergebnisse der Agentin Tamara Preston aus Staffel 3 und überschneidet sich inhaltlich mit dieser. Ich habe „The Final Dossier“ während Staffel 3 begleitend als Hörbuch gehört, was mir einige Zusammenhänge deutlicher gemacht hat. Gegen Ende werden allerdings Ereignisse der Serie vorweggenommen.
Wer sich gerne mit den diversen Theorien zur dritten Staffel beschäftigen möchte, findet in Pete Peppers Youtube-Kanal reichlich hochinteressantes Material. Hier wird jede Folge analysiert, es werden verborgene Verknüpfungen aufgedeckt und Mysterien interpretiert. Sehr spannend.
https://www.youtube.com/playlist?list=PLlr9hSubMgbguHjLVQjstu0_IaKeqCDFS