So ich hab die Wochen während des Festivals immer fleißig mtigelesen und mich über Kommentare gefreut, mein Fazit habe ich aber erst jetzt zustande bekommen. Nach ein paar Wochen betrachtet man die Filme aber auch etwas objektiver…festivalbedingte Euphorie kann sich verziehen… doch manche Filme wachsen auch.
Aufgrund meines Einstieges in die Arbeitswelt, einer Dienstreise und Familiengeburtstag konnte ich lange nicht so viele Tage vor Ort sein wie ich wollte. Doch ein paar Filme habe ich auch daheim nachgeholt.
Während des Festivals habe ich mich auch über eure Beiträge gefreut und gespannt mitgelesen. Ich fand das Lineup deutlich besser als zuletzt bei den Nights oder dem Jubiläum. Ein Großteil der Filme wird besser altern. Der Qualität nach, jeweils mit kleinen Kommentaren dazu:
Super Dark Times 9/10
War für mich direkt nach der Sichtung eine 10. Die Atmosphäre und das Setting haben mich sehr an meine Jugend erinnert. Selten wurde eine Jahreszeit im Film so greifbar gemacht. Was der Kameramann hier für traumhaft schöne Bilder gefunden hat…Besonders gefiel mir auch die Isolation der jungen Hauptfiguren sowie der Columbine-Bezug. Bin immer tiefer und tiefer in meinen Sitz gerutscht. In der Retrospektive fällt dann aber ein nicht ganz kohärenter Handlungsverlauf und unausformulierte Charakterentwicklungen auf. Es ist eine starke 9, der wohl beste Film den ich bisher in meiner kurzen FFF-Zeit auf dem Festival gesehen habe.
Hounds of Love 9/10
Gleich am zweiten Tag gab es eine dicke Überraschung. Wollte ihn schon auf dem Filmfest München sehen. Schon zu Beginn wird mit den Kamerafahrten in Zeitlupe durch die Vorortstraßen der atmosphärische Ton für den Film gesetzt. Was den Nachbarn hier verborgen bleibt zeigt der Film in einem unheimlich dichten Psychogramm. Es geht um Liebe, um Aufopferung, um Abhängigkeit aber vor allem um die Folgen einer falschen, krankhaften Liebe. Die fast schon märchenhafte Auflösung des Konflikts packt den Zuschauer am Kraken, entlässt ihn mit dem wunderschönen Atmosphere von Joy Division, und sogar ein klein bisschen Hoffnung.
Sicilian Ghost Story 8/10
Ich liebe die Organisatoren für die Wahl eines solchen Centerpieces. Mit seiner Laufzeit und den schwer vereinbaren Genreelementen macht es der Film dem Zuschauer nicht leicht. Ohne Frage gibt es vor allem im Mittelteil seine Längen, doch all die Zeit ist notwendig um das unfassbar traurige Ende dem Zuschauer mit seiner speziellen Inszenierung greifbar zu machen. Der Film wirkt lange, lange nach. Leider hat Soap & Skin ihre Beiträge zum Soundtrack noch nicht veröffentlicht. Weiß jemand da genaueres?
Raw 8/10
Nicht der erwartete Schocker. Ein wilder Mix aus Elementen die an Filme von Xavier Dolan erinnern und Kannibalen Horror. Unglaublich kreativ und mutig. Weniger wichtig ist hier eine tiefere Bedeutung hinter dem Gezeigten, sondern eher die Vermittlung von Erwartungsdruck, Isolation, Zwang, Angst aber auch beginnender Selbstakzeptanz. Für mich etwas zu hektisch erzählt, hätte sich der Film ruhig mehr Zeit lassen können, was er zu Beginn noch gut schafft.
Audition 8/10
Ein kleines Fest, ich finde es sollten jedes Jahr Retrospektiven veranstaltet werden um dafür auch die ein oder andere Gurke aus dem Programm zu nehmen Ein richtiger Slowburner voller Angst, Verwirrung und Fassungslosigkeit. Ein Horrorfilm alter Schule der sich noch so richtig viel Zeit nimmt um die Charaktere und ihre Beziehungen zu etablieren, bevor der Alptraum beginnt.
It 7/10
Ein waschechter Horrorblockbuster. Macht sehr viel Spaß die tollen Kinderdarsteller zu begleiten. Überzeugender psychologischer Hintergrund und Spanungsaufbau. Im letzten Drittel entfaltet sich mir jedoch zu Klischeehaft die plötzliche Gruppendynamik und die dazugehörigen Standart-Quest-Szenarien.
Playground 7/10
Schockierend. Ich hab den Film schon fast aus meiner Erinnerung verdrängt. Schwer zu ertragen und dennoch irgendwie ein künstlerisch wertvoller Film. Die oft konsequent statische Kamera, das Ostblocksetting, Bilder verschiedenster familiärer Hintergründe…alles arbeitet konsequent die finalen Filmminuten hin. Mutig ihn ins Programm zu nehmen, noch mutiger zum Samstag Abend in Berlin.
Blade of the Immortal 6/10
Oppulenter, epischer und ernster als ich erwartet hatte. Die Eröffnungssequenz in schwarz/weiß ist perfekt gestaltet. Leider zu arg repetitiv in der zweiten Hälfte um mich für die komplette Länge mitzunehmen.
The Strange Ones 6/10
Wunderbar passender Programmtext. Kann ich viel von unterschreiben. Leider werden mir aber zu viele Hintergründe beleuchtet, andere Aspekte wiederum vollkommen offengelassen. Fühlte sich mehr wie ein mittellanger Film und nicht wie ein kompletter Spielfilm an. Sehenswert auf jeden Fall.
Tragedy Girls 6/10
Die erste Hälfte ein richtiger Crowdpleaser, wurde wunderbar unterhalten. Leider baut der Humor stark ab, hätte mir hier ein paar andere Entscheidungen des Drehbuchautors gewünscht!
Marlina the murderer in four acts 6/10
Starke Thematik und beeindruckend arrangierte Bilder. Jedoch hat die Tarantinohafte Inszenierung und die unpassende Verwendung von Allgemeinplätzen und Humor mir nicht gepasst.
Killing Ground 6/10
Ich bin kein Terrorfan. Der Film ist unheimlich effektiv und spannend. Wiedert mich aber in seiner Schonungslosigkeit auch an. Fällt mir schwer zu bewerten.
The Mermaid 5/10
Ein bunter kreativer Spaß. Vor allem die Screwball Elemente machten viel Freude. Der spätere Handlungsverlauf unterscheidet sich aber kaum vom Hollywood-Blockbuster-Einerlei. Zu inkonsequent, mehr Sketchaneinandereihung als wirkliche Geschichte.
Jungle 5/10
Für mich schon irgendwie ein fragwürdiges Director Spotlight. Erkenne hier keine besondere Handschrift des Regisseurs. Die Freundschaften entstehen hier aus dem nichts, der eigentlich Survivalteil fällt vollkommen spannungsarm aus. Daniel Radcliffe ist aber klasse und die Landschaftsaufnahmen logischerweise auch.
The Vault 4/10
Ein Film der mich aufgrund seines verschenkten Potentials wütend macht. Die Vermischung der beiden Genres gelingt zu keinem Zeitpunkt, schon allein die Nutzung des an sich beschränkten Settings scheitert. 4 Punkte gibt’s für die tolle Grundidee, James Franco und ein paar weniger Spannungsmomente.
The Autopsy of Jane Doe 4/10
Größte Enttäuschung, hab wirklich lange darauf gehofft, dass er auf dem FFF läuft. 08/15 Grusel ohne Spannung. Die okkulten, fantastischen Storyelemente sind weder neu noch werden sie irgendwie faszinierend dargeboten. Brian Cox fand ich in der Rolle jedoch super, Emil Hirsch war schon viel besser!
68 Kills 3/10
Zum Glück nur daheim gesehen. Die Dummheit der Hauptperson, der überzogene Humor und die kalkulierte aber stumpfe, stupide Geschmacksüberschreitung regen mich sehr auf. Schwach!
It came from the desert 1/10
Einer der aller schlechtesten Film die ich je im Kino gesehen hab. 100 Prozent unwitzig, klischeehaft, sexistisch, schlecht. Ich zeige generell den Filmemachern meinen Respekt, nicht hier, bin sofort bei den Credits aufgestanden.
Die kommenden Wochen folgt dann noch Veronica, It comes at night, Colossal und The Villainess! Da sind sicher noch ein paar Highlights dabei.