Mein Film des Jahres. Vielleicht sogar der letzten Jahre. Obwohl Climax und Under The Silver Lake noch ausstehen, würde ich mich trotzdem schon festlegen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Beiden toppen werden, was sich da in 152 Minuten vor dem Zuschauer ausbreitet. Vorhang auf für die Lobhudelei des Jahres. Vorhang auf für Suspiria.
Um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen: dieser Film ist ein MONSTRUM. Ein bestialisches Etwas, ein ungeheures Ungetüm. Dieser Film ist umwerfend. Ich kann immernoch nicht fassen, was Luca Guadagnino hier geschaffen hat. Er nimmt einen Klassiker, bedient sich der besten Zutaten daraus und erschafft etwas Neues, etwas, dass für mich viel größer ist als das Original. Nicht falsch verstehen, ich liebe Suspiria von 77, aber der neue Suspiria ist auf einer ganz anderen Ebene angesiedelt.
Ich wüsste nicht, wann ich zuletzt einen Horrorfilm derart “genossen” habe. Wann ich zuletzt sämtliche Gefühlsstadien während eines Films durchgemacht habe, von amüsiert über gefesselt bis hin zu geschockt. Ich hatte Gänsehaut, mir war heiß/kalt, ich habe teilweise vor Entgeisterung lachen müssen… Suspiria ist so unglaublich einnehmend, so faszinierend in seiner Inszenierung, dass ich oft nicht fassen konnte, wie gut er ist. Der Kritiker in mir hat natürlich während des Schauens nach Schwachstellen gesucht und sicher findet man den ein oder anderen kleinen Aspekt. Aber ich konnte diesen Film beim besten Willen nicht schlecht reden und komme auch heute noch zum Schluss: Guadagnino ist ein Meisterwerk gelungen.
Ich ringe nach Worten, um das, was ich gesehen habe, angemessen beschreiben zu können. Allein das Setting, die Tanzschule im geteilten Berlin, Mitte der 70er Jahre. Der RAF Terror ist allgegenwärtig, die Angst und Unsicherheit spürbar, ständig laufen im Hintergrund Nachrichten über die Flugzeugentführung der Landshut und die inhaftierten RAF Terroristen. Und doch habe ich diese großartige Umrandung nur im Hintergrund wahrgenommen, denn zu sehr hat mich die Aura der Tanzschule in ihren Bann gezogen. Das Wort “Unheimlich” wird damit neu definiert. Jede Probe, jede Nahaufnahme der gespenstischen Mitarbeiterinnen der Schule, jede noch so grazile Bewegung löst etwas aus und ist eingebettet in eine sich immer mehr verdichtende Geschichte, die in sechs Akten zu etwas führt, was an Intensität eigentlich nicht zu überbieten ist. Auch jede Nebenhandlung hat Hand und Fuß, fügt sich perfekt in das große Ganze ein und rührt - nebenbei gemerkt - besonders in einem Fall zu Tränen. Ich erspare mir jetzt die Lobhudeleien auf den großartigen Cast (Tilda Swinton, (schon wieder) Dakota Johnson, Mia Goth, Chloë Grace Moretz… eine Fehlbesetzung gibt es nicht, hier spielt jeder (!) auf einem Top Niveau) und einen herausragenden Soundtrack, der beweist, dass Thom Yorke einfach genau weiß, was er tut. Allein der Titeltrack oder das infernalisch beängstigende Volk gehören zu den Stücken des Jahres…
Ich bin etwas verwirrt über die Kritik an den Sprachen hier. Euer Ernst? Ich fand gerade dieses Hin- und Herspringen zwischen Deutsch und Englisch (und später Französisch) + das Unperfekte der Sprache(n) so authentisch. Das hat dem Film eine ganz besondere Note verliehen. Zumindest für mich.
Um das Ganze abzuschließen: Suspiria ist ein fehlerloses Glanzstück, welches sich weder dem Mainstream anbiedert noch sich selbigem verwehrt. Es trifft die goldene Mitte und hat alles, was ich in einem Film sehen möchte. Deshalb kann ich vorerst nicht anders und muss 10/10 geben.